Stephen Miran, Vorsitzender von Donald Trumps wirtschaftlichem Beratergremium, hatte im November ein 41-seitiges Dokument vorgelegt, das seit Trumps Zolloffensive mehr und mehr in den Fokus der Öffentlichkeit rückt, wie die AFP schreibt. Darin stellt Miran eine Abwertung des Dollars in den Mittelpunkt, um eine Reindustrialisierung der USA zu forcieren. "Die tiefe Unzufriedenheit mit der derzeitigen Wirtschaftsordnung ist in der anhaltenden Überbewertung des Dollar und den asymmetrischen Handelsbedingungen begründet", schreibt er.
US-Exporte seien deshalb weniger wettbewerbsfähig und billige Importe belasteten die heimische Industrie. Zur Abwertung brauche es Druck. Durch Zölle – oder militärischer Natur, schreibt Miran weiter. Ökonomen sind Mirans Plan gegenüber skeptisch. Laut Adam Slater von Oxford Economics wäre eine Abwertung des Dollars um mehr als 20 Prozent nötig, "um das US-Handelsdefizit deutlich zu verringern". Das sei selbst mit sehr aggressiven Methoden kaum realistisch.
Die von Miran vorgeschlagene Abgabe auf Zinszahlungen wiederum "könnte als Vertragsbruch oder als eine Art Zahlungsausfall interpretiert werden und würde der herausragenden Stellung der USA im globalen Finanzsystem schaden", warnen die Finanzexperten der Schweizer Vermögensberatung Pictet. Zu den kritischen Stimmen, aber auch zu Trumps Kurs gegen China, gesellte sich am späten Mittwochabend in der "ZIB2" bei ORF-Moderator eine dazu, nämlich jene des deutschen Handelsexperten Niclas Poitiers.
Trump hatte China zuvor niedrigere Zollsätze in Aussicht gestellt. Mit Blick auf den von ihm selbst angeordneten Aufschlag von 145 Prozent auf viele Importe aus China sagte der Präsident, dass dieser Satz "sehr hoch" sei und dass er "erheblich sinken" werde. Die Börsen in den USA, in Europa und Asien verzeichneten danach deutliche Kursgewinne. Aber: US-Finanzminister Scott Bessent stiftete sofort Verwirrung, denn er verneinte Verhandlungen mit Peking und dass generell eine Absenkung der Aufschläge angedacht sei.
"Ich glaube, es ist tatsächlich das pure Chaos", so Poitiers auf die Frage, welche Strategie hinter Trumps Zickzack-Kurs stecken könnte. Die Kehrtwende im Fall von China habe man bereits bei Mexiko und Kanada beobachten können, so der Außenhandelexperte. "Trump selber testet aus, was ist aushaltbar", so Poitiers, da sei klar, dass es auch die Konsumenten hart treffen werde. "Ich glaube, deshalb sehen wir jetzt dieses Zurückrudern", so Poitiers. China habe zeigen wollen, dass es bereit sei, "zu eskalieren", das sei das Mittel gegen Trump gewesen.
Alle Länder der Welt würden nun zuschauen, "wie der Konflikt ausgeht". Sei es nicht völlig unrealistisch, das Handelsdefizit mit dem Exportgiganten China ausgleichen zu wollen? Ja, sagte der Experte, Zölle hätten zudem wenig zu tun mit Handelsdefiziten. "Diese Kalkulation ändert sich nun nicht deswegen, dass man nun Zölle erhebt", hieß es. Viele von China in die USA exportierten Produkte wie Schuhe seien "nicht produzierbar in den USA", deswegen erscheine es ihm "unrealistisch", dass der Plan aufgehen könne.
Donald Trump habe "auch eine Schmerzgrenze", so Poitiers, "wenn die Kosten zu hoch werden, zieht er sich auch zurück". Dadurch könne auch Europa geeint reagieren und Trump unter Druck setzen, so dass das Weiße Haus "nicht mehr glaubt, diese Zölle durchhalten zu können". Eine Möglichkeit sei, sich Produkte wie Harley-Davidson herauszusuchen, die in republikanischen Bezirken produziert würden, so Poitiers, aber auch Sojabohnen, "die massiv aus Südstaaten exportiert werden".
Ein weiterer Weg seien die US-Digitalkonzerne, so der Experte, man könnte eine Art "digitale Zölle erheben", so Poitiers. Vorsichtig sei man bei den Strafen mit "ihrer eigenen Logik" gewesen, so der Experte. Bekanntlich hat die EU-Kommission am Mittwoch Strafen gegen die US-Konzerne Apple und Meta verhängt. Beide sollen gegen das europäische Digitalrecht verstoßen haben und sollen insgesamt 700 Millionen Euro zahlen. Das Gesetz soll verhindern, dass Big Tech "Gatekeeper" die digitalen Märkte in Europa beherrschen.