Holger Bonin im ORF

Experte überrascht alle TV-Zuseher mit Geld-Ansage

Österreichs Geldbörsen ächzen unter der Teuerung: Im Juli 2025 kletterte die Inflation auf 3,6 Prozent – stärker als der EU-Schnitt und als gedacht.
Newsdesk Heute
20.08.2025, 22:24
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Im Juli 2025 kletterte die Inflation auf 3,6 Prozent – und damit sogar stärker, als die erste Schätzung Anfang August erwarten ließ. Verantwortlich dafür sind laut den Experten vor allem Mode, Gas und Heizöl. "Zu diesem stärksten Plus seit April 2024 haben vor allem die Preise für Bekleidungsartikel sowie für Gas und Heizöl beigetragen, die deutlich weniger preisdämpfend wirkten als zuletzt", erklärt Thomas Burg, fachstatistischer Generaldirektor von Statistik Austria. Die Sorge ist groß, liegt die Inflation in Österreich doch deutlich über dem EU-Schnitt.

Auch Lebensmittel und Verwaltungsgebühren zogen kräftig an. Gastronomie und Energie – allen voran Strom – bleiben die größten Kostentreiber. Besonders schmerzhaft: Wohnen, Wasser und Energie verteuerten sich im Schnitt um 5,7 Prozent. Den Löwenanteil daran hat die Haushaltsenergie, die mit plus 11,1 Prozent im Jahresvergleich noch stärker anstieg als im Juni. Gas wurde zwar günstiger, allerdings nur um 3,2 Prozent – viel weniger als noch im Juni mit minus 9,1 Prozent. Heizöl fiel um 4,6 Prozent im Preis.

Strom bleibt Horrorposten

Beim Strom sieht es düster aus: Der Preisschub von +35,3 Prozent blieb nahezu unverändert hoch. Die Gründe sind vielfältig: Seit Jahresbeginn laufen zahlreiche Entlastungen – wie Strompreisbremse oder Zuschüsse – aus, gleichzeitig stiegen Netzentgelte, Abgaben und neue "Erneuerbaren"-Beiträge. Während feste Brennstoffe und Fernwärme fast stabil blieben, schlagen die Mieten (inklusive Neuvermietungen) mit einem Plus von 4,2 Prozent zu Buche. Auch die Instandhaltung von Wohnungen wurde teurer – plus 3 Prozent.

Teuer ist der Mikrowarenkorb des täglichen Einkaufs – Lebensmittel, Zeitungen, Kaffee. Dieser stieg im Juli um 5,1 Prozent. Der Miniwarenkorb – wöchentliche Ausgaben mit Sprit – legte um 3,1 Prozent zu. Es trieben Flugpauschalreisen (+12,4 %), Auslandsnächte (+22,6 %), Diesel (+2,8 %), Heizöl (+7,1 %) und die Reisepass-Gebühr (+47,6 %). Städteflüge (–11,3 %), Strom (–0,6 %), Öffi-Zusatztickets (–18,9 %), Bohnenkaffee (–4,1 %) und E-Bikes (–5,4 %) wurden günstiger. Langfristig sanken Superbenzin (–5,6 %), Mobiltelefonie (–13,2 %) und E-Bikes (–14,6 %).

"Werden wir das ganze Jahr mitnehmen"

Holger Bonin, Direktor Institut für Höhere Studien (IHS), analysierte die Situation am späten Mittwochabend in der "ZIB2" bei ORF-Moderator Armin Wolf. "Das Problem ist vielleicht ein bisschen kleiner als es scheint", so der Experte, "denn wir haben einen Sondereffekt in den Daten". Der Hintergrund: Dass die Energiepreisbremsen ausgelaufen seien, bringe einen Inflationsschub von rund 0,8 Prozent, "den wir das ganze Jahr mitnehmen werden". Ohne diesen Effekt wäre man deutlich unter drei Prozent Inflation, hieß es.

Bei Gastgewerbe und Lebensmitteln gebe es "zusätzliche Inflationstreiber, das müssen wir genau anschauen", so Bonin. Irgendwann müsse man aus Maßnahmen wie Preisbremsen wieder aussteigen, so Bonin zur Frage, ob es gescheit war, die Strompreisbremsen zu stoppen. Nun zeige sich die aufgestaute Inflation, auf Dauer "muss man irgendwann ausbremsen", so Bonin, denn auch eine Weiterfürhung hätte den Anstieg nur nach hinten verschoben, nicht verhindert. "Nicht auf einen Nenner bringen" könne man, was andere Länder bessser machen.

Experte überrascht mit Lohn-Ansage alle Zuseher

Der Wettbewerb sei in Österreich nicht so sehr gestiegen, um die Preise nach unten zu bringen und beim "Österreich-Aufschlag" bewege sich wenig auf EU-Ebene, so Bonin. Die Kosten seien etwa für Gastronomen gestiegen, aber es gebe auch starke Nachfrage: Das mache es möglich, höhere Preise am Markt durchzusetzen. Wie würden Preise in Hotels und Lokalen runtergehen? Wenn es mehr Kapazitäten gebe, hieß es. Und bei Lebensmitteln? Mehrwertssteuersenkungen würden 0,2 Prozent Inflation senken, aber rund eine halbe Milliarde im Jahr kosten, hieß es.

Man müsse über den Wettbewerb im Handel nachdenken und sich auf EU-Ebene gegen den "Österreich-Aufschlag" einsetzen. Eine Wettberwerbsintensivierung bei Supermärkten könnte die Inflation fallen lassen, so Bonin, "das heißt aber auch, dass die Wege zum Supermarkt für den einzelnen Kunden weiter werden". Der Regierung würde er raten, "an den dicken Brettern" zu bohren: Wettbewerb stärken, mehr Preistransparenz, so Bonin. Die Überraschung: Für die Lohnverhandlungen im Herbst heiße es jedenfalls, man werde einen "relativ hohen Lohnabschluss" bekommen, was dann aber im Jahr darauf wieder auf die Inflation schlagen werde. Wolle man das nicht, müsse man unter der zurückliegenden Inflationsrate abschließen.

{title && {title} } red, {title && {title} } 20.08.2025, 22:24
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