Es soll die größte Strommarktreform der letzten 20 Jahre sein – das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG). Stromkosten sollen gesenkt, die Energiewende vorangetrieben und die Versorgung in Österreich sichergestellt werden, so die Eckpunkte der Novelle.
Energie-Staatssekretärin Elisabeth Zehetner ist eine der Mitverantwortlichen für die Reform. Im großen "Heute"-Talk (ganzes Interview im Video unten) schildert die ÖVP-Politikerin nun, was sich genau ändern soll und wann der Strom für die Österreicher günstiger wird.
Staatssekretärin Elisabeth Zehetner über:
"Unser Stromsystem hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Früher war es so: Wir hatten ein paar wenige Kraftwerke, die uns als Stromkonsumenten versorgten. Heute haben wir fast 500.000 Prosumer – das sind unter anderem Haushalte, aber auch Gewerbebetriebe, die selbst Strom produzieren und gleichzeitig Strom aus dem Netz ziehen. Und das erfordert natürlich eine andere Netz-Infrastruktur. Wichtig ist es jetzt, dass das Stromsystem mit dem Tempo dieser Energiewende Schritt hält. Darum braucht es diese Reform."
Mit dem Elektrizitätswirtschaftsgesetz soll die Energie für die Österreicher auch günstiger werden. Um das zu ermöglichen, werde man an mehreren Schrauben gleichzeitig drehen. Zehetner: "Eine davon ist zum Beispiel der Sozialtarif. Hier geht es um einen Tarif von 0,06 Euro für 2.900 Kilowattstunden für wirklich besonders armutsgefährdete Haushalte. Der zweite Schritt ist, dass wir eine sogenannte 'Preis-Runter-Garantie' einführen, wo es darum geht, dass Energieanbieter auch Preissenkungen, die sich an der Börse abspielen, an die Kunden weitergeben müssen." Dadurch würde auch für den einzelnen Haushalt der Strom günstiger werden.
Einen klaren Zeitraum, ab wann die Kostensenkungen spürbar sein werden, gebe es aber nicht. "Also wir hoffen, dass das Gesetz schnellstmöglich in Kraft treten kann. Es kommt dann darauf an, welche Schraube bedient wird. Manche Dinge wird man sehr schnell merken, manche Dinge werden länger dauern", erklärt die Staatssekretärin.
Den angekündigten Sozialtarif wird es automatisch unter anderem für jene Haushalte geben, die Sozialhilfe beziehen und zugleich ORF-beitragsbefreit sind. Damit profitieren auch jene, die in der Kritik stehen, unser Sozialsystem auszunutzen – Stichwort Zuwanderergroßfamilien. Darüber zu diskutieren, ist auch für Zehetner ein wichtiger Punkt.
Die Staatssekretärin stellte aber klar, dass man solche Dinge nicht mit dem neuen Stromgesetz ändern könne: "Die Änderung kann ich nicht im ElWG machen. Der Sozialtarif setzt auf den Sozialregelungen auf. Wer welche Art von Mindestsicherung bekommt, ist woanders definiert (Anm.: im Sozialministerium). Die Debatte, bis zu welchem Ausmaß die Mindestsicherung gerechtfertigt ist, die müssen wir aber sehr wohl führen. Das kann aber das ElWG nicht lösen", erklärt die Staatssekretärin.
Das Stromgesetz bringt aber nicht nur Kosteneinsparungen für die Österreicher, sondern auch eine neue Abgabe, die beim Einspeisen anfällt. Kritiker bemängeln, dass man dadurch Menschen abstrafe, die sich eine PV-Anlage auf das Dach gebaut haben. Staatssekretärin Zehetner sieht hingegen Erklärungsbedarf: "Derzeit hat man das Gefühl, dass das Stromnetz eine Einbahnstraße ist. Hier braucht es ein Umdenken, denn es wird nicht mehr nur Strom bezogen, sondern auch wieder in das Netz verkauft. Da stellt sich die Frage: Wer muss in Zukunft für diese Stromleitung aufkommen?"
„Auch die Lieferanten müssen jetzt, weil sie die Stromleitung nutzen, einen Fairness-Beitrag leisten.“Energie-Staatssekretärin Elisabeth Zehetner (ÖVP)
"Und deshalb haben wir jetzt einmal mit dem ElWG die Diskussion angestoßen, darüber nachzudenken, wie das in Zukunft gerecht finanziert werden kann. Aktuell haben wir ungefähr 500.000 PV-Anlagen, aber wenn wir unsere erneuerbaren Ziele erreichen wollen, dann wollen wir in Zukunft eine Million PV-Anlagen haben. Und die Frage ist dann, wie gehen wir damit um und wer muss einen Beitrag leisten, damit diese Infrastruktur gut funktioniert und so stark aufgerüstet ist, dass sie genau diese Strommengen auch transportieren kann."
Kritik, dass große Energielieferanten nur für einen Bruchteil der Netzkosten aufkommen, weist Zehetner zurück. "Auch die Lieferanten müssen jetzt, weil sie die Stromleitung nutzen, einen Fairness-Beitrag leisten. Zahlen sollen also nicht nur die Stromabnehmer, sondern auch die Stromproduzenten. Und das gilt für Produzenten jeglicher Art."
Das neue Energiegesetz soll auch für Versorgungssicherheit in Österreich sorgen. Das wirft die Frage auf, ob unser Netz überhaupt sicher ist, oder ob ein Blackout droht. Zehetner ist sich sicher: "Wir können mit gutem Recht behaupten, dass wir in Österreich gut aufgestellt sind und dass wir durch die regelmäßigen Blackout-Übungen alles tun, um solche Fälle zu vermeiden."
Eine weitere Neuerung im ElWG sind sogenannte dynamische Preismodelle. Das kann für viele Haushalte schnell zu technisch und auch zu einer Kostenfalle werden. Zehetner gibt aber Entwarnung: "Es ist mir ein großes Anliegen, dass wir insgesamt mehr Bewusstheit dafür schaffen, wie so ein Strommarkt funktioniert, damit alle von diesen Tarifen profitieren können. Die gute Nachricht ist, es gibt sehr viele Start-ups, die mit Apps und künstlicher Intelligenz arbeiten und Möglichkeiten zur Optimierung anbieten. Dann kann ich zum Beispiel auch meinen Wäschetrockner entsprechend programmieren, dass er genau dann seine Leistung bringt oder sich selbst einschaltet, wenn der Strom gerade am günstigsten ist."
"Ich versuche meine Waschmaschine tatsächlich zu programmieren, dass sie um die Mittagszeit läuft, weil dann wissen wir, dass wir ganz viel Strom im Netz haben."