Stromkosten senken, Versorgung sichern und die Energiewende beschleunigen: so lauten die zentralen Punkte des neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG). Am Samstag ist die sechswöchige Begutachtungsphase vorbei, wie Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer und Energistaatssekretärin Elisabeth Zehetner (beide ÖVP) informieren.
Und diese Beutachtungsphase hatte es in sich: Von den rund 1.100 Stellungnahmen, die das Parlament in dieser Legislaturperiode zu Gesetzesentwürfen der Regierung erhalten hat, entfällt fast die Hälfte allein auf die Strommarktreform.
"Die mehr als 460 Stellungnahmen sind sich überwiegend einig: Eine Strommarktreform ist notwendig und überfällig. Wir brauchen rasch günstigere Preise, stabilere Netze und mehr Tempo in der Energiewende. Dafür muss ein Stromnetz, das nur auf die Steckdose ausgerichtet war, auch fit werden für Photovoltaik, Speicher und E-Autos. Genau das ist das Ziel unseres Gesetzes", so die beiden ÖVP-Politiker.
Diese Reform soll es jetzt geben. "Auf über 140 Seiten mit 182 Paragrafen legen wir die größte Strommarkt-Reform seit 20 Jahren vor – und die ist dringend notwendig. In den vergangenen Jahren wurde viel in die Stromerzeugung investiert – insbesondere in den massiven PV-Ausbau. Der Netzausbau konnte mit diesem Tempo jedoch nicht Schritt halten. Das treibt die Netzkosten immer weiter nach oben und macht sie zu einem immer schwerer kontrollierbaren Faktor auf der Stromrechnung", betonten Hattmannsdorfer und Zehenter.
Mit dem neuen Stromgesetz soll sich also einiges in Österreich ändern. "Heute" hat die wichtigsten Informationen:
Mit verschiedenen Maßnahmen sollen die Stromkosten gesenkt werden. Dazu gehört unter anderem ein neuer Sozialtarif, der gezielt Haushalte mit niedrigem Einkommen entlasten soll. Darüber hinaus sollen Kunden durch flexible Netzentgelte künftig Geld sparen können, wenn sie Strom zu günstigen Zeiten verbrauchen. Diese Neuerung schaffe erstmals einen echten finanziellen Anreiz, sich flexibel und systemdienlich zu verhalten.
Kommen soll auch ein dynamischer Energiepreis, mit welchem Kunden sparen können, indem sie ihren Verbrauch am täglichen Stromhandelspreis optimieren – zum Beispiel, wenn die Waschmaschine in der Nacht läuft.
Im ElWG verankert ist zudem eine neue "Peer-to-Peer-Stromweitergabe": Haushalte dürfen künftig ihren produzierten Strom direkt an Familie, Freundinnen und Freunde oder Nachbarinnen und Nachbarn weitergeben – sogar kostenlos oder zu einem selbstgewählten Preis.
Vom neuen Gesetz soll auch die Versorgungssicherheit profitieren. Kommen sollen etwa Netzentwicklungspläne, wodurch Verteilnetzbetreiber zukünftig der Regulierungsbehörde untereinander abgestimmte Pläne vorlegen müssen. Das hebe Synergien, stärke das System und spare Ausbaukosten. Außerdem soll es Direktverträge geben, mit denen Industrieunternehmen Strom langfristig direkt von erneuerbaren Anlagen beziehen können.
Damit zudem die Lichter nicht ausgehen, wenn PV und Wind keinen Strom produzieren, wird der Versorgungssicherheitsmechanismus "Netzreserve" bis 2030 verlängert. Zusätzlich soll "systemdienliches Verhalten" belohnt werden – Unternehmen die systemdienliche Energiespeicheranlagen betreiben, erhalten dafür Netzentgeltbefreiungen.
Netzbetreiber sind künftig verpflichtet, konkret und nachvollziehbar offenzulegen, wann und wie ein Anschluss möglich ist. Das schaffe Rechtssicherheit für Anlagenbauer und beschleunigt Investitionen durch verbindliche Netzentwicklungspläne. Weiters dürfen neue Erzeugungsanlagen schrittweise ans Netz – statt auf einen Vollanschluss zu warten, können sie mit Teilkapazitäten starten und sukzessive ausbauen. Das reduziere Verzögerungen und macht den Ausbau erneuerbarer Energie flexibler.
Energiegemeinschaften, Prosumer-Modelle und innovative Geschäftsmodelle werden rechtlich und technisch besser eingebunden. Das ElWG schafft erstmals die Voraussetzungen, um Hybridanlagen, Speicher und neue Marktrollen einfach und effizient ins System zu integrieren.
Fix ist das neue Gesetz aber noch nicht – zuerst muss im Nationalrat darüber abgestimmt werden. "Klar ist: Im Parlament braucht diese Strommarktreform aufgrund der notwendigen 2/3-Mehrheit auch die Zustimmung der Opposition. In den Verhandlungen darüber bildet die Parlamentsvorlage, an der wir nun arbeiten, die Diskussionsgrundlage. Wir gehen davon aus, dass sich die Oppositionsparteien ihrer Verantwortung in diesen Verhandlungen bewusst sind und dieser auch nachkommen werden", so Hattmannsdorfer und Zehetner abschließend.