Am Freitag, dem 15. August, endet die Begutachtungsfrist für das das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz, kurz ElWG. Kurz vor Auslaufen haben zahlreiche Interessenvertretungen und Institutionen Bedenken und Änderungswünsche eingebracht, darunter der Österreichische Gewerkschaftsbund ÖGB.
Insgesamt begrüßen die Gewerkschafter die geplante Neuregelung, die nun von der Bundesregierung noch überarbeitet werden kann, allerdings nicht muss. Aus Sicht des ÖGB sei es höchste Zeit gewesen, klare Regeln für eine sichere und leistbare Energieversorgung zu schaffen. Der vorliegende Gesetzesentwurf enthalt erste wichtige Ansätze, allerdings sehe man, so der ÖGB, noch deutlichen Verbesserungsbedarf.
"Positiv ist, dass Energieversorger stärker in die Pflicht genommen werden", meint ÖGB-Bundesgeschäftsführerin Helene Schuberth in einer Aussendung. Es brauche ein System, das nicht nur auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist, sondern das Ziel verfolge, leistbare, sichere und nachhaltige Energie für alle bereitzustellen.
Ein wichtiger Schritt ist laut Chef-Gewerkschafterin Helene Schuberth die geplante Einführung eines Sozialtarifs. Dieser müsse jedoch breiter aufgestellt werden. "Ein echter Sozialtarif muss all jenen Menschen leistbare Energie sichern, die sie wirklich brauchen – also Menschen mit niedrigerem Einkommen, darunter auch Lehrlinge, Studierende, Arbeitslose sowie alle Personen, die von der ORF-Gebühr befreit sind."
Besonders kritisch sieht der ÖGB das Fehlen eines "wirksamen" Krisenmechanismus, der Preisexplosionen auf dem Energiemarkt eindämmen könnte. "Ohne klaren Mechanismus für Preiseingriffe riskieren wir, dass Haushalte erneut durch hohe Energiepreise belastet werden." Das könne einen neuen Inflationsschub auslösen, warnt Schuberth. Mit dem ElWG gebe es jetzt die Chance, die gesetzliche Grundlage für einen solchen Krisenmechanismus zu schaffen. Diese Gelegenheit gelte es zu nutzen.
Handlungsbedarf sieht der ÖGB zudem bei Netzgebühren, also Abgaben für die Benutzung des Energienetzes. "Haushalte, die Strom für den Eigenbedarf erzeugen, sollen nicht zusätzlich belastet werden", fordert Schuberth. Gleichzeitig müssten kommerzielle Einspeiser und Händler stärker an den Netzkosten beteiligt werden.
Kritik am geplanten Stromgesetz kommt vor Ende der Stellungnahmefrist von Greenpeace. Demnach drohe der aktuelle Gesetzentwurf den Ausbau erneuerbarer Energie zu bremsen. Konkret lehnt die Organisationen jenen Punkt ab, der eine Einspeise-Drosselung von Strom aus erneuerbaren Quellen (etwa PV, Windkraft) bei Stromspitzen, also einem Überangebot, vorsieht.
Zusätzlich würden, Menschen, die selbst in erneuerbare Energie investieren und die Energiewende vorantreiben, durch Netzeinspeisekosten belastet. Greenpeace ruft deshalb die Regierung auf, das Gesetz zu überarbeiten und erneuerbarer Energie den Vorrang zu geben. Zudem fordert die Umweltschutzorganisation, "dass fossile Stromerzeuger einen größeren Anteil der Netzgebühren übernehmen". Daneben müsse die Regierung einen fairen Sozialtarif für Stromkosten einführen, der auch für einkommensschwache Haushalte gilt.
"Damit wir raus aus fossilem Gas kommen, muss die Regierung den Weg für erneuerbare Energien frei machen", verlangt Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin von Greenpeace Österreich. Der jetzige Gesetzentwurf verteure jedoch die grüne Stromerzeugung und bremse sie zu Spitzenzeiten aus. Diese Hürden müssten weg – sonst drohe die Energiewende stecken zu bleiben. Klar sei auch, dass die Kosten dafür nicht bei den Menschen landen dürften. Wer fossile Energie produziere, müsse mehr zahlen.
Auch der Armutskonferenz geht die Ausgestaltung beim Sozialtarif nicht weit genug. Die Einführung eines verbilligten Preises bei Energiekosten sei eine hilfreiche Maßnahme, es sollten aber alle Menschen mit kleinsten Einkommen wie Bezieher von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe einbezogen sein, rät das Netzwerk, den "Sozialtarif zu vervollständigen".
Weiters wäre es laut Armutskonferenz sinnvoll, Working Poor und Niedrigeinkommensbezieher mitzuberücksichtigen. Ihre Einkommen würden ebenfalls unter der Armutsgrenze liegen, allerdings seien sie beim verbilligten Strompreis nicht enthalten. Tatsächlich hätten in den vergangenen zwölf Monaten 458.000 Personen bzw. fünf Prozent der Bevölkerung ihre Energierechnungen fürs Wohnen nicht pünktlich bezahlen können.
Anders als jetzt gefordert, sieht der aktuelle ElWG-Entwurf einen Sozialtarif ausschließlich für Bezieher von Mindestpensionen, Mindestsicherung und Pflegegeld vor. Sie sollen Strom zu einem bundesweit einheitlichen Tarif von sechs Cent pro Kilowattstunde erhalten, mit einer Obergrenze von maximal 2.900 kWh. Insgesamt würden davon gut 250.000 Haushalte in Österreich profitieren und sich im Schnitt 300 Euro im Jahr ersparen.