Die Transparenz bei der Haltungskennzeichnung für tierische Produkte lässt fast überall zu wünschen übrig. Vom Frischfleisch bis zu Butter und Käse, hat der Konsument gar keine Chance sich für "mehr Tierschutz" zu entscheiden, da nirgends draufsteht, wie das Schweinderl, die Kuh oder das Huhn vorher leben hat dürfen. Momentan wird allerdings hinter den Kulissen zwischen den führenden Landwirtschaftsvertretern und dem Handel heiß aufgrund einer "freiwilligen Tierhaltungskennzeichnung" diskutiert.
Wieso nur freiwillig? Eine NGO-Allianz von Tierschutz-, Umwelt- und Konsumentschutzorganisationen präsentieren ein gemeinsames Positionspapier und fordern eine verpflichtende Kennzeichnung für alle.
„Gerade weil Organisationen mit jahrzehntelanger Erfahrung nicht in die Gespräche einbezogen werden, ist eine öffentliche Debatte umso wichtiger. Unsere Vorschläge gehören auf den Tisch - im Interesse der Tiere und des Konsumenten“MMag. Dr. Madeleine PetrovicPräsidentin, Tierschutz Austria
Nur wer alle Fakten kennt, kann sich auch frei entscheiden, weshalb die oben genannten NGO’s in einer verbindlichen Haltungskennzeichnung ein zentrales Werkzeug für echte Wahlfreiheit und verbesserten Tierschutz sehen. Die schnell beschlossenen "Grauzonen" sind meistens nur "Pflaster auf Schusswunden", wie man am Beispiel der Vollspaltenböden für Schweine gesehen hat. Schweine werden weiterhin auf Betonböden ohne Einstreu gehalten - aus Sicht der NGOs eine rein kosmetische Reform, die das Leiden der Tiere kaum mindert.
„Auch die glückliche Kuh auf der Alm existiert oft nur in der Fantasie aus Werbebildern. Mehr als ein Drittel der österreichischen Milchkühe lebt entweder in Kombinationshaltung oder dauerhafter Anbindehaltung“Esther KronthalerTierschutz Austria, Politische Kommunikation
Das Leben der meisten Industriekühe sieht folgendermaßen aus:
"Wenn sich die gesetzlichen Mindeststandards nicht verbessern, müssen zumindest die Konsumenten über die tatsächlichen Haltungsbedingungen informiert werden. Wie stark das Bedürfnis der Österreicher nach höheren Tierschutzstandards und einer transparenten Haltungskennzeichnung ist, zeigt das hohe Interesse an unseren Einkaufsratgebern", so die Tierschutzombudsfrau Wiens, Eva Persy.
Das Positionspapier schlägt ein fünfstufiges, farbiges Ampelsystem vor, das für jeden Verbraucher auf einen Blick verständlich ist. Man geht davon aus, das Konsumverhalten damit nachhaltig zu beeinflussen - ähnlich wie beim existierenden "Nutri-Score".
Ein Entscheidendes Kriterium soll dabei die tatsächliche Haltung sein, nicht das Herkunftsland. Besonders tierschutzwidrige Praktiken wie Vollspaltenböden, betäubungslose Kastration oder die Anbinde- sowie Kombinationshaltung sollen eindeutig in die niedrigste Kategorie fallen.
„Jetzt heißt es, Farbe zu bekennen. Wer glaubwürdig für mehr Tierwohl eintreten will, muss den Menschen die Möglichkeit geben, sich auf einen Blick bewusst zu entscheiden. Dafür braucht es eine einfache und leicht erfassbare Kennzeichnung“Indra Kley-SchöneichGeschäftsführerin Foodwatch Österreich
Die NGOs fordern außerdem, dass die Kennzeichnung alle Lebensphasen des Tieres - also Haltung, Aufzucht, Transport und Schlachtung - umfasst. Auch verarbeitete Produkte wie Joghurt, Wurst oder Fertiggerichte sollen einbezogen werden. Die geplante Kennzeichnung dürfe sich nicht nur auf Frischfleisch beschränken, sonst drohe eine irreführende Lücke im System.
Auch eine Kennzeichnung für Gäste der Gastronomie sollte endlich realisiert werden, denn dort haben Konsumenten besonders wenig Einblick in die Herkunft und die Haltung der Tiere.
Eine der großen Handelsketten spricht sich derzeit gegen das vorgeschlagene farbliche Ampelsystem aus. „Für die NGOs ist das ein fatales Signal. Eine glaubwürdige Kennzeichnung darf nicht an den Interessen einzelner Handelsunternehmen scheitern." kritisiert Denise Kubala, Campaignerin beim Verein Gegen Tierfabriken.