Mehr als zwei Jahre nach dem Großangriff auf Israel hat die islamistische Hamas die letzten lebenden Geiseln im Gazastreifen freigelassen. Im Gegenzug wurden laut Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas auch palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen. Wie es jetzt im Nahen Osten weitergeht, gibt der Friedensplan von US-Präsident Donald Trump vor.
Noch ist unklar, wann genau die 28 toten Geiseln aus dem Gazastreifen an Israel übergeben werden. Die israelische Regierung hat ein internationales Gremium eingesetzt, das im Gazastreifen nach den sterblichen Überresten der Geiseln suchen soll. Am Montag sollten diese nicht übergeben werden. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu erklärte, dass 27 Geiseln tot sind, die beim Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 verschleppt wurden. Eine weitere Geisel, die schon Jahre davor entführt wurde, ist ebenfalls tot.
Ein wichtiger Punkt im Friedensplan von Trump ist die Entwaffnung und Entmachtung der Hamas. Die Hamas soll laut Plan alle Waffen abgeben, damit es zu keinen weiteren Massakern wie am 7. Oktober kommt.
Die Hamas lehnt ihre Entwaffnung aber strikt ab. Ein nicht namentlich genannter Hamas-Vertreter sagte zur Nachrichtenagentur AFP, dass eine Entwaffnung der Hamas "ausgeschlossen" sei. Am Sonntag sagte der ranghohe Vertreter Hossam Badran, die zweite Phase des US-Plans sei "mit vielen Komplexitäten und Schwierigkeiten verbunden".
Die Entwaffnung der Hamas ist laut Trumps 20-Punkte-Plan auch Voraussetzung für eine Übergangsregierung im Gazastreifen. Die militärische Infrastruktur der Hamas soll "zerstört und nicht wieder aufgebaut" werden.
Die Hamas will laut Verhandlerkreisen keine führende Rolle mehr bei der Verwaltung des Gazastreifens spielen. Das "Regieren im Gazastreifen" sei für die islamistische Palästinenserorganisation "nicht mehr zur Debatte", hieß es am Sonntag aus Hamas-Verhandlerkreisen. Die Hamas werde sich "gar nicht an der Übergangsphase beteiligen", sagte ein nicht namentlich genannter Hamas-Vertreter.
Das bedeutet seiner Aussage nach, dass die Hamas "die Kontrolle über den Gazastreifen abgegeben hat". "Aber sie bleibt ein grundlegender Bestandteil der palästinensischen Struktur", fügte er hinzu.
Nach Trumps Plan soll ein technokratisches, unpolitisches palästinensisches Übergangskomitee die tägliche Verwaltung übernehmen. Aus dem Umfeld der Verhandler hieß es, dass die Vermittler aus Ägypten um die Einberufung eines Treffens gebeten wurden, um sich über die Zusammensetzung dieses Komitees zu einigen.
Die "Namen sind fast fertig", hieß es. Die Hamas habe "zusammen mit den anderen Fraktionen 40 Namen vorgelegt". Es gebe "absolut kein Veto gegen diese Namen, und keiner von ihnen gehört zur Hamas".
Ein "Friedensrat" unter der Leitung von Trump und mit Beteiligung des früheren britischen Premierministers Tony Blair sowie weiterer Staats- und Regierungschefs soll die Expertenregierung für den Gazastreifen überwachen – diesen Vorschlag lehnte der ranghohe Hamas-Vertreter Osama Hamdan im katarischen Fernsehen ab.
Die Vereinbarung sieht laut Hamas auch einen schrittweisen Rückzug der israelischen Truppen vor. Erst wenn die Entmilitarisierung des Gazastreifens abgeschlossen ist, soll sich die israelische Armee laut Trump-Plan ganz aus dem Palästinensergebiet zurückziehen.
Die israelische Armee, die drei Viertel des Gazastreifens kontrolliert, zog sich nach der Einigung auf die Waffenruhe wie vereinbart aus mehreren Gebieten bis zu einer festgelegten "gelben Linie" zurück – das war die Voraussetzung für die Freilassung der Geiseln.
Die vereinbarten Hilfslieferungen für den Gazastreifen starteten sofort nach der Waffenruhe: Schon am Donnerstag haben laut der Hilfsorganisation Ägyptischer Roter Halbmond mehr als 150 Lastwagen die Grenze passiert. Nach Angaben der Hamas wurde vereinbart, dass in den ersten fünf Tagen nach dem Waffenstillstand täglich mindestens 400 Lastwagen mit Hilfsgütern ankommen.
In den nächsten Tagen soll diese Zahl noch steigen. Das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA hat nach eigenen Angaben genug Vorräte, um die ganze Bevölkerung im Gazastreifen "in den nächsten drei Monaten mit Nahrungsmitteln zu versorgen". Laut Hamas war auch die "sofortige" Rückkehr von Vertriebenen aus dem Süden in die Stadt Gaza und in den Norden vorgesehen.