Es ist Mittag am Volkertplatz in Wien-Leopoldstadt. Der Asphalt kocht förmlich, kein Schatten weit und breit. Walter P. (70) steht erschöpft am Rand der riesigen Betonfläche. Gleich hinter ihm befindet sich seine Wohnung im Dachgeschoss – ein Ort, der im Sommer zur Qual wird.
"Da oben staut sich die Hitze. Die Luft bewegt sich nicht. Es ist wie eine Wand, gegen die du anlehnst, sobald du die Tür aufmachst", erzählt Walter. Seit 17 Jahren lebt er in dieser Wohnung – und sagt heute: "Ich halt’s kaum noch aus. Ich bin gefangen da oben. Es bekommt über 30 Grad!"
Walter P. ist Mindestpensionist. Für eine Klimaanlage fehlt das Geld. "Ich schau bei jedem Einkauf aufs Geld. Da geht sich keine Klimaanlage aus", sagt er. Die Fenster helfen wenig – sie bringen bloß heiße Luft. Dazu kommt die Gesundheit: Walter trägt einen Herz-Schrittmacher und kämpft mit Kreislaufschwäche. "Wenn’s heiß wird, werd ich schlapp. Der Kreislauf bricht zusammen. Dann fühl ich mich wie ausgebrannt."
Der hitzegeplagte Wiener flüchtet so oft er kann aus der Hitze. Donauinsel, Wienerwald, Lobau – seine kleinen Oasen. "Wenn’s geht, fahr ich raus. Nur dort gibt’s ein bissl Luft, Schatten, Ruhe." Aber: Sobald das Thermometer über 32 Grad klettert, geht bei ihm gar nichts mehr.
"Ich pack’s dann nicht mehr zur Haltestelle. Ich fühl mich wie leer, als wär die Batterie weg", sagt Walter. Also bleibt er daheim – in der stickigen Dachwohnung. Allein, ohne Klimaanlage, ohne Aussicht auf Abkühlung.
Der Volkertplatz zählt zu den heißesten Orten in Wien. "Bei einem Grätzel-Treffen haben sie versprochen, es kommt mehr Grün", erinnert sich Walter. Doch passiert ist nichts. "Nur die Toilette haben’s begrünt. Der Rest ist nach wie vor grau."
Auch die Caritas sieht das Problem: "Die Hitzewelle trifft besonders jene, die wenig haben", sagt Direktor Klaus Schwertner. Viele wie Walter wohnen in schlecht isolierten Wohnungen – und können sich keine Abkühlung leisten. Mit 23 sogenannten Klimaoasen bietet die Caritas in Wien und Niederösterreich kostenlose Hilfe an: kühle Rückzugsorte, Wasser, Schatten. Zusätzlich sind Streetworker unterwegs, verteilen Sonnencreme, Getränke und Isomatten. "Für viele ist das überlebenswichtig", sagt Schwertner.
Im Rahmen der "Sommerfrische im Pfarrgarten" öffnen 23 Pfarren ihre schattigen Höfe. Dort gibt’s gratis Getränke, Snacks und Gesellschaft. Über 500 Freiwillige helfen mit. Walter würde das Angebot gerne nutzen – doch in seinem Grätzel gibt es keine solche Oase. "Wenn ich so was ums Eck hätt, würd ich jeden Tag hingehen", sagt er. Stattdessen steigt er jetzt langsam wieder die Stiege hoch – zurück in seine Wohnung, in der es über 30 Grad hat.