Die Kälte hat uns voll gepackt, auch in Wien stürzt die Temperatur am Abend auf null Grad. Während wir uns auf den Adventmärkten mit Punsch wärmen, Maroni naschen und es uns später auf der Couch unter einer kuscheligen Decke gemütlich machen, leben andere zeitgleich in einer völlig anderen Realität. Sie kämpfen in der eisigen Kälte täglich ums Überleben. Stefan gehört zu diesen Menschen, er lebt seit vielen Jahren auf der Straße.
„Ich habe 3 Decken. Eine davon gebe ich Gott, dann ist mir nicht kalt! Gott ist meine Kraft.“Stefanfindet durch seinen Glauben Hoffnung
Über sein persönliches Schicksal möchte er nicht sprechen. Die Gründe, warum er auf der Straße lebt, bleiben sein Geheimnis - vielleicht aus Stolz, vielleicht aus Schmerz. Doch darüber, wie es ist, ohne Dach über dem Kopf zu leben, spricht er im Interview mit "Heute" ganz offen (siehe Video: Stefan ist ursprünglich aus Holland und spricht deshalb gebrochenes Deutsch).
>> Im Video: Stefan teilt seine Erfahrungen vom Leben auf der Straße
Stefan schläft im Freien, jede Nacht. "Jetzt, wo’s kalt geworden ist, schlafe ich auch draußen. Ich habe einen Platz gefunden - nicht warm, aber immerhin trocken. Ich hab eine Matratze dort und ein paar Decken." Drei Decken besitzt er. "Eine davon gebe ich Gott", erklärt Stefan. "Dann ist mir nicht kalt." Er hält mitten im Gespräch inne, er schluchzt, ihm rollen Tränen über die Wangen.
Geld zum Überleben bekommt er kaum. Betteln möchte er nicht - das betont er mehrfach. "Wenn es regnet, stelle ich mich in eine U-Bahn-Station, aber ich bettle nicht um Geld." Ab und zu schenken ihm Menschen etwas zu essen oder ein paar Münzen. Das meiste verdient er sich durch das Sammeln von Pfandflaschen. Viel ist es nie. "Ich habe immer nur das Minimum, was ich brauche. Ich kann nichts sparen, ich habe nix. Nur ein bisschen Kleingeld für Essen."
„Ich bettle nicht um Geld!“Stefanverdient sein Geld mit ein paar Pfandflaschen
So kannst du helfen:
Wenn du jemanden auf der Straße siehst, der offensichtlich friert oder in Gefahr ist, kannst du das Kältetelefon der Caritas anrufen: 01 480 45 53.
Über das "Obdach unterwegs"-Formular von FSW Obdach kannst du auch melden, wenn einer obdachlosen Person geholfen werden sollte.
Viele Organisationen nehmen Sachspenden entgegen: saubere, funktionstüchtige Kleidung (insbesondere warme Kleidung, Decken, Schlafsäcke, Schuhe, Hygieneartikel...) Vor allem in den kälteren Monaten sind solche Spenden sehr wichtig.
Während des Gesprächs bleibt Stefan freundlich, leise, beinahe dankbar für jede Minute Aufmerksamkeit. Eine Dame kommt vorbei, drückt ihm einen Krapfen in die Hand. Stefan lächelt, bedankt sich sofort. Für ihn ist diese kleine Geste ein großes Geschenk.
Stefan lebt mit nichts - doch er besitzt mehr Würde als viele andere Menschen mit Besitz. Er versucht Tag für Tag positiv zu bleiben. In einer Welt, in der Überfluss oft laut ist, erinnert Stefan uns daran, wie unsichtbar die sind, die nichts haben. Und wie nah sie uns täglich sind - vielleicht nur einen Punschstand entfernt.