"Früher hat man sich gegrüßt, heute herrscht hier Angst", das sagt Brigitte R. bei unserem Lokalaugenschein im Gemeindebau in der Franklinstraße in Wien-Floridsdorf. Seit 55 Jahren wohnt sie hier, doch so schlimm wie jetzt, sei es noch nie gewesen.
Der Grund, so die 62-Jährige, sei eine Familie mit sechs Kindern, diese halte das ganze Haus in Atem. Die Kinder würden auf ihren Radkasten steigen und mit Eisenstangen dagegen schlagen. Als die 62-Jährige sie aufforderte, damit aufzuhören, sei die Mutter der Kinder auf sie losgegangen, habe geschrien, sie würde sie "richtig töten" und sie als "Sch*-Österreicherin" beschimpft. Brigitte R. erstattete Anzeige – doch passiert ist bisher nichts, klagt sie. "Polizei, Wiener Wohnen und Wohnpartner wissen Bescheid, aber niemand tut etwas."
Auch andere Bewohner berichten von täglichen Provokationen. Der Musiker Pejman M. (50) sagt, man werde sofort beleidigt, sobald man etwas sage. Selbst Kinder beschimpften Erwachsene, "man kann hier kaum mehr atmen, ohne dass es Streit gibt."
Der Vater der Großfamilie reagiere bei jeder Kleinigkeit aggressiv, die Atmosphäre sei explosiv. Als "Heute" mit den Anrainern spricht, beobachtet der Mann das Geschehen aus wenigen Metern Entfernung, verschränkt die Arme und mustert die Nachbarn – er will seine Stärke zeigen.
FPÖ-Wohnombudsmann Michael Niegl nennt den Fall alarmierend. Er wirft Wiener Wohnen und der Polizei Untätigkeit vor und fordert Konsequenzen für jene, die ständig drohen oder angreifen. "Die Menschen brauchen Schutz, keine Hotline", sagt er. Wiener Wohnen bestätigt, dass es mehrere Beschwerden wegen Lärms, Bedrohungen und Beschimpfungen gegeben habe. Gleichzeitig hätten sich aber auch andere Mieter über aggressives Verhalten der Beschwerdeführer beklagt.
Das Nachbarschaftsservice "wohnpartner" habe mehrfach versucht, zu vermitteln, doch die Gespräche seien gescheitert. Eine Partei sei nicht erreichbar gewesen, die andere habe kein Interesse gezeigt. Eine nachhaltige Lösung gebe es bisher nicht.
Die Bewohner hoffen dennoch auf Veränderung. Doch die Angst bleibt. "Wir wollen keinen Streit", sagt Pejman M. leise. "Aber hier hat man ständig das Gefühl, dass es jeden Moment wieder eskalieren kann."