Ein renommierter Koch aus San Francisco sagt, eine Influencerin habe seine Karriere zerstört und seine Familie schwer belastet. Luke Sung schilderte dem "San Francisco Standard" seine Sicht auf eine Begegnung im "Kis Cafe".
Dort sei im vergangenen Monat die damals noch Mikro-Influencerin Karla Marcotte, bekannt auf Tiktok unter dem Namen @itskarlabb, für ein geplantes Video erschienen. In einem später veröffentlichten Clip behauptete sie, der Koch habe sie wegen ihrer kleinen Reichweite herabgesetzt. Sein großes Pech: Der Clip dazu ging viral.
Luke Sung sieht das komplett anders: "Sie kam an einem Dienstag um 17 Uhr, als der Gastraum leer war. Mein Partner sagte mir erst, dass sie kommt, als sie schon da war. Ich wusste nichts über sie", sagt er. "Ich dachte, sie würde sagen: 'Hey, Mr. Sung, ich habe über Sie gelesen und freue mich, das mit Ihnen zu machen.' Doch sie setzte sich einfach hin und sagte nicht einmal Hallo."
Sung habe sich noch während Karlas Besuch deren Tiktok-Profil angesehen. Er sagt dazu: "Gleich am Anfang sah ich cremige Spaghetti in einer Pfanne mit in Scheiben geschnittenem, zu stark gegartem New-York-Steak, das sie gemacht hatte." An jenem Abend habe er ein spezielles Gericht mit hochwertigem Coho-Lachs angeboten und er "wollte nicht, dass mich jemand falsch darstellt, der nicht einmal den Unterschied zwischen Atlantiklachs und Königslachs kennt".
Karla habe während des Treffens zugegeben, dass sie das Restaurant lediglich als Weinbar kenne. Sung habe ihr daraufhin geraten, sich besser vorzubereiten. Die Influencerin habe sich jedoch brüskiert gefühlt und das Lokal verlassen. Vor dem Gehen soll sie gesagt haben: "Die Restaurantwelt ist sehr klein. Es wird Konsequenzen geben."
Kurz darauf sei das Kis Cafe mit Tausenden negativen Bewertungen auf Yelp überflutet worden. Das Lokal gab daraufhin bekannt, dass Sung nicht länger Teil des Teams sei. Auf Instagram schrieb das Restaurant: "Das Verhalten unseres Kochs war inakzeptabel. Er ist nicht mehr Teil des Teams." Gleichzeitig betonte es, Sung habe das Haus auf eigenen Wunsch verlassen und sei nicht offiziell entlassen worden.
Auch in einem weiteren Restaurant, einem Sushi-Lokal namens "Domo", legte Sung darauf seine Tätigkeit nieder. Ein anderer Tiktok-User hatte dort ebenfalls zur gezielten Verbreitung von Hasskommentaren aufgerufen.
Die digitale Kampagne habe auch seine Familie massiv getroffen. Seine Tochter habe in einer Nacht über 20.000 Hasskommentare erhalten. Sein Sohn sei ebenfalls beleidigt und angegriffen worden. "Meine Familie geht bald gemeinsam in Therapie. Alles ist in Stücke zerbrochen. Ich muss versuchen, es wieder zusammenzufügen und heilen zu lassen."
Karla ihrerseits berichtet in ihrem Tiktok-Video, sie habe nach dem Treffen mit Sung geweint. Ihre Follower-Zahl ist seither explodiert, inzwischen von weniger als 20.000 auf über 475.000 gestiegen. Sie versteht sich nun als Sprachrohr für "kleine Content-Creator", die oft weniger Unterstützung erhielten.
Sung räumt ein, dass er in der Situation möglicherweise mehr Zurückhaltung hätte zeigen sollen. Zugleich betont er, wie verletzlich seine Branche durch öffentliche Kritik im Netz geworden sei: "Es braucht viel Stolz, um Koch zu sein. Vielleicht hatte ich deshalb diesen Ton gegenüber Karla. Der Stolz ist es, der einen antreibt."
Abschließend stellt er die Frage, warum junge Menschen überhaupt noch eine Ausbildung in der Gastronomie machen sollten: "Warum sollte ein junger Koch heute noch lernen, wenn jemand ohne Erfahrung dein Restaurant ruinieren kann, ohne sich auch nur anzuhören, was du zu sagen hast?"
