"Ungläubige müssen sterben"

IS-Hass auf TikTok: 19-Jährige in Wien vor Gericht

Mit 17 teilte sie IS-Videos, feierte die Hamas. Nun wurde eine in Wien lebende Afghanin zu einem Jahr bedingt verurteilt – und zeigt sich reumütig.
Christoph Weichsler
31.07.2025, 15:24
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Sie war erst 17, lebte bei ihren Eltern in Wien-Donaustadt, spielte im Schulorchester Tuba – und begann plötzlich, Enthauptungsvideos zu teilen. Über TikTok rutschte die Jugendliche in den Bann des Islamischen Staats (IS), schnitt selbst Propagandaclips zusammen, hetzte gegen "Ungläubige" und feierte sogar den Hamas-Terrorangriff auf Israel.

Zwei Jahre später, wurde die heute 19-Jährige am Wiener Landesgericht rechtskräftig verurteilt: Ein Jahr bedingte Haft wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und einer kriminellen Organisation. Die Schülerin will geläutert sein – doch ihre Aussagen vor Gericht lassen viele Fragen offen.

Eltern wussten nichts – radikale Wende mit 17

Geboren in Afghanistan, kam sie mit vier Jahren mit ihren Eltern nach Österreich. Die Familie gehört dem schiitischen Islam an – einer Glaubensrichtung, in der es etwa zu religiösen Anlässen zu Selbstgeißelung kommt. Die Tochter wollte damit jedoch nichts zu tun haben: "Ich habe mich mit der Religion nicht wohlgefühlt", sagte sie im Gericht.

Heimlich wandte sie sich dem sunnitischen Islam zu, wo solche Rituale abgelehnt werden – und klickte sich immer tiefer in TikTok-Videos mit islamistischem Inhalt. Besonders der Kontakt zu einem radikalisierten Mädchen aus Albanien habe sie beeinflusst, sagte sie.

Statt Blasmusik: Hassprediger und Gewaltvideos

Früher spielte sie Tuba im Schulorchester. Doch dann konsumierte sie stundenlang Videos von Salafisten wie Denis Cuspert alias "Deso Dogg", der später als IS-Kämpfer starb. Musik wurde für sie plötzlich "haram", also verboten – sie bastelte nun selbst Propaganda-Clips, schnitt Bilder zusammen und unterlegte sie mit islamischen Gesängen (Nasheeds).

Mit Aktenmappe vor dem Gesicht: Die 19-jährige Angeklagte erscheint mit ihrem Anwalt zur Urteilsverkündung am Wiener Landesgericht.
Sabine Hertel

Per WhatsApp verschickte sie Sätze wie "Die Ungläubigen müssen getötet werden" oder "Kill the Kuffar". Auch gegen Homosexuelle hetzte sie. Als die Hamas am 7. Oktober 2023 Israel angriff, feierte sie den blutigen Terroranschlag.

Mit 16 islamisch verheiratet – und dann abgestürzt

Mit 16 heiratete sie nach islamischem Recht – ohne Standesamt. "Ich hab’ ihn geliebt, aber es war eine dumme Idee", sagte sie im Gericht. Die Ehe hielt nur wenige Monate. Danach rutschte sie immer tiefer in die Szene ab.

Gleichzeitig litt sie unter schweren Depressionen. TikTok-Bekannte rieten ihr: "Lies den Koran, dann geht’s dir besser." Psychopharmaka lehnte sie ab. Warum sie dann ausgerechnet Gewaltvideos wie Enthauptungsszenen speicherte, wusste sie nicht zu sagen.

Hausdurchsuchung bringt alles ans Licht

Im Vorjahr flog alles auf: Die Polizei durchsuchte ihre Wohnung. Auf Datenträgern fanden sich IS-Videos, Hassnachrichten und Propagandamaterial. Die damals 18-Jährige wurde festgenommen – und jetzt verurteilt.

"Ich bin schuldig, ich streite es nicht ab", sagte sie vor Gericht. Sie habe den Kontakt zu allen radikalen Bekannten abgebrochen, spreche jetzt lieber mit ihren Cousinen über ihre Probleme. Eine Ausreise nach Syrien, wie sie im Raum stand, wollte sie nicht kommentieren.

Bewährungsstrafe – aber engmaschige Kontrolle

Weil sie reumütig war und bisher unbescholten ist, bekam sie ein Jahr bedingt – also keine Haft, sofern sie sich an die Auflagen hält. Dazu gehören: psychologische Behandlung, Bewährungshilfe und ein intensives Deradikalisierungsprogramm der Beratungsstelle Extremismus.

"Ich will da nicht mehr reinrutschen", versicherte sie abschließend. Ob das gelingt, wird sich zeigen. Der Schöffensenat jedenfalls glaubt an eine zweite Chance – noch.

{title && {title} } CW, {title && {title} } 31.07.2025, 15:24
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