Hilfe, bevor es zu spät ist: In Niederösterreich reagiert man jetzt mit einem Millionenprojekt auf die alarmierenden Entwicklungen rund um psychische Probleme bei Kindern und Jugendlichen. Am Universitätsklinikum Tulln wurde ein moderner Zubau speziell für junge Patienten eröffnet – mit einem klaren Ziel: mehr Prävention, mehr Raum für Therapie, mehr Menschlichkeit.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Rund ein Drittel aller Kinder und Jugendlichen in Österreich leidet unter psychischen Problemen. Die Gründe dafür sind vielfältig – von Social-Media-Stress über Leistungsdruck bis hin zu familiären Belastungen.
Das Hilfsangebot ist vielerorts Mangelware. "Betroffene warten derzeit oft monatelang auf einen Termin beim Facharzt", warnt Primar Paulus Hochgatterer, Vorstand der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Tulln, gegenüber ORF NÖ.
Der neue Zubau umfasst 18 Behandlungsräume, acht Therapieräume für die Tagesklinik, Gruppenräume und vier Familienzimmer. Kostenpunkt: 12,1 Millionen Euro. Ein Zeichen der Hoffnung in einer Zeit, in der psychische Krisen immer öfter dramatisch enden, auch inmitten des Bundes-Sparpakets.
Landesrat Ludwig Schleritzko (VP) sieht darin ein klares Signal, wie er in der Eröffnungsrede bekanntgab: "Gerade die tragischen Ereignisse der letzten Tage haben uns schmerzlich vor Augen geführt, wie wichtig es ist, psychische Gesundheit ernst zu nehmen, präventive Maßnahmen zu stärken und niederschwellige Hilfe anzubieten – besonders für Kinder, Jugendliche und ihre Familien."
Ein besonderes Augenmerk liegt auf der neuen Eltern-Kind-Station. Dort sollen bereits Säuglinge gemeinsam mit ihren Eltern betreut werden – präventiv, intensiv und mit Blick auf die familiäre Beziehung. Das Augenmerk soll auf der Beziehung zwischen Eltern und Kind liegen, wo es aus unterschiedlichen Gründen zu Schwierigkeiten kommen kann.
Solche Schwierigkeiten können laut der Medizinerin Karoline Krieger-Lamina, Oberärztin auf der Eltern-Kind-Station, schon in der Schwangerschaft beginnen – etwa bei ungeplanten Kindern, bei Müttern mit psychischen Vorbelastungen oder in Familien, die unter Flucht und Armut leiden. Nach einer zwei- bis dreiwöchigen Diagnostikphase können Eltern mit ihren Kindern bis zu acht Wochen stationär aufgenommen werden.
Der Bedarf ist hoch – das zeigen nicht zuletzt die Entwicklungen der letzten Jahre. Hochgatterer spricht von einem regelrechten "Ansturm" auf die Kinder- und Jugendpsychiatrie, der seit der Pandemie kaum abgenommen habe.
Die traurigen Klassiker in der Kinder- und Jugendpsychiatrie seien depressive Störungen, die bis zur Suizidalität reichen, Angststörungen und Zwangsstörungen, so Hochgatterer. Besonders stark betroffen seien Mädchen, etwa durch Essstörungen wie Anorexie – eine "Welle", die längst nicht abgeebbt sei.
Auch Elisabeth Bräutigam, Vorständin der NÖ Landesgesundheitsagentur, betont dem ORF NÖ zufolge die Bedeutung des Neubaus: "Wir schaffen hier ein Umfeld, in dem junge Menschen individuell und umfassend betreut werden können – und zugleich einen attraktiven Arbeitsplatz für engagierte Fachkräfte."