Nach Amoklauf in Graz

Mobbing – wie man es erkennt und was man tun kann

Der Täter von Graz soll unter anderem unter Mobbing gelitten haben. Ein Phänomen, das die Betroffenen bis zum Äußersten treiben kann.
Heute Life
14.06.2025, 12:00
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Elf Tote – das ist die erschütternde Bilanz des Grazer Amoklaufs vom 10. Juni 2025. Ein ehemaliger Schüler feuerte mit zwei Schusswaffen in Klassenräumen um sich. Anschließend tötete er sich selbst. Zu den Motiven gibt es Vermutungen, mitunter soll Mobbing eine Rolle gespielt haben, die den 21-Jährigen zu der Wahnsinnstat bewegte. Was ist Mobbing? Und was können Betroffene tun?

Wann ist es Mobbing?

"Mobbing ist eine spezielle Form von Gewalt und ein überaus schadhaftes, anti-soziales Verhalten", heißt es im Mobbing-Leitfaden des Österreichischen Bildungsministeriums aus dem Jahr 2018.

Demnach handelt es sich um Mobbing, wenn folgende Punkte zutreffen:

  • Schädigungsabsicht – Mobbing ist ein spezielles aggressives/gewalttätiges Verhalten, von einem oder mehreren Schülern gegenüber einem anderen Schüler oder Schülergruppe mit Schädigungsabsicht.
  • Wiederholungsaspekt – Die schädigenden Handlungen treten wiederholt, systematisch und über einen längeren Zeitraum auf.
  • Machtungleichgewicht – Es besteht ein Ungleichgewicht im Kräfteverhältnis (körperlich und/oder psychisch) zwischen Täter und Opfer, das zu Ungunsten des Opfers ausfällt.
  • Hilflosigkeit – Die betroffenen SchülerInnen fühlen sich der Situation hilflos ausgesetzt

Das bedeute aber auch, dass "nicht jede Form von Gewalt und aggressivem Verhalten" Mobbing ist. "Mobbing an Schulen" oder "Bullying", wie es im angloeuropäischen Raum heißt, sei kein neues Phänomen, kann in unterschiedlicher Form auftreten und ist altersunabhängig.

Arten von Mobbing

Es können folgende Mobbingformen unterschieden werden:

  • Physisches Mobbing: Diese Handlungen zielen darauf ab, eine Person körperlich zu verletzen, wie z. B. schlagen, treten, schubsen, eine Falle stellen.
  • Verbales Mobbing: Darunter fallen sämtliche verbale Attacken, wie z. B. Beschimpfungen, verbale Drohungen, gemeine Kommentare, sich über jemanden lustig machen.
  • Relationales (soziales/indirektes) Mobbing: Dabei steht das Zerstören sozialer Beziehungen und der sozialen Zugehörigkeit im Mittelpunkt der negativen Handlungen, z. B. das bewusste Hinausekeln aus der Gruppe, Gerüchte verbreiten, jemanden ignorieren.
  • Cybermobbing: Ist Mobbing, das über digitale Medien wie Internet, Smartphone oder soziale Netzwerke stattfindet. Es beinhaltet absichtliches und über einen längeren Zeitraum andauerndes Beleidigen, Bloßstellen, Belästigen oder Ausgrenzen einer anderen Person. Cybermobbing ist gekennzeichnet durch: die Allgegenwart der Wirkung (räumlich und zeitlich), die Möglichkeit, ein großes Publikum zu erreichen, die potenzielle Anonymität des Täters, vermutete Sicherheit vor Sanktionen und wenig Kontrollmechanismen.
  • Geschlechtsbezogenes/sexistisches Mobbing: Dazu gehören Belästigungen, Vorurteile, Anspielungen sowie abwertende Kommentare, die auf das Geschlecht bezogen sind und unterschiedliche Rollennormen verfestigen und damit im Gegensatz zum Unterrichtsprinzip "Erziehung zur Gleichstellung" stehen.

Warum wird gemobbt?

Mobbing ist ein Gruppenphänomen. Die Beweggründe sind laut Leitfaden vielschichtig: das Ausleben von Machtgefühlen, Statuserhöhung innerhalb der Gruppe, der Täter fühlt sich durch das Opfer in irgendeiner Art provoziert, Langeweile, Spaß, Rache oder Frustration und Rache für eigene Mobbingerfahrungen.

Im schulischen Kontext kann Mobbing auch aus einem diskriminierenden ideologischen Hintergrund rühren. Sei es aufgrund der sexuellen oder religiösen Orientierung, ihrer Sprache, ihres Aussehens oder ihrer Herkunft. Mobber suchen sich gern sozial unsichere Personen ohne Freunde für ihre Taten aus.

Wird jemand über einen längeren Zeitraum gezielt und systematisch beschimpft, ausgegrenzt und schikaniert, spricht man von Mobbing. Oft sucht der Mobber Verstärkung bei Mitschülern. Aus der Angst heraus, nicht mehr zur Gruppe zu gehören oder selbst Opfer zu werden, machen die anderen Schüler mit. Oftmals werden Lügen oder Gerüchte verbreitet, Unterrichtsmaterialien versteckt oder vernichtet oder persönliche Gegenstände beschädigt. Das Kind wird erpresst, geschlagen oder ausgegrenzt. Es wird gehänselt und lächerlich gemacht.

Weitreichende Folgen von Mobbing

Je nach psychischer Verfassung des Opfers kann Mobbing schwere und weitreichende Folgen haben, die Jahre oder Jahrzehnte nachwirken: Entwicklung von Ängsten (Schulangst, soziale Ängste, Angststörung), psychosomatische Beschwerden (Kopf-, Bauchschmerzen, Schlafprobleme, Magenprobleme), Leistungsabfall, Depression, Alkohol- und Suchtgiftmissbrauch, Suizidgedanken bis hin zum tatsächlichen Suizid.

Doch auch für Täter gibt es mögliche Konsequenzen, wie aggressiv-dissoziale Verhaltensweisen, Straffälligkeit in späteren Jahren oder ebenfalls Alkohol- und Suchtmittelmissbrauch.

Davon abgesehen, hat Mobbing auch Auswirkungen auf die Klassengemeinschaft. Das negative Klassen- und Schulklima kann sich negativ auf die Schulleistung auswirken, Eigenschaften wie Verantwortungsbewusstsein, Zivilcourage und Empathie werden nicht erlernt oder verlernt.

Wie erkennen Eltern, dass das eigene Kind gemobbt wird?

Manche Kinder reden von selbst, wenn sie sich in der Schule nicht wohlfühlen. Andere wiederum ziehen sich noch mehr zurück und werden noch stiller. Das Kind wirkt ängstlich, möchte nicht allein oder gar nicht in die Schule gehen, klagt über körperliche Beschwerden, isst weniger oder verliert Appetit gänzlich, hat Schlafprobleme und die schulischen Leistungen werden schlechter.
Auch wenn immer wieder Sachen des Kindes beschädigt sind oder es plötzlich mehr Geld braucht als sonst, kann das auf Repressalien hindeuten.

Was können Eltern tun?

Zunächst ist es wichtig, dem Kind zu zeigen, dass es ernst genommen wird und nicht an der Situation Schuld ist. Im zweiten Schritt ist es wichtig, nicht zu schweigen und Hilfe zu suchen. Lehrer, Schulpsychologen, Schulleitung, aber auch Eltern oder andere Vertrauenspersonen – in schweren Fällen die Polizei – können helfen, Maßnahmen zu ergreifen. Ein Schulwechsel ist oftmals der letzte Ausweg, der aber ein guter Neuanfang sein kann. Dort findet das Kind neue Freunde und kann unbelastet ein Selbstbewusstsein aufbauen. Es ist wichtig zu verstehen, dass Mobbing nicht nur ein Problem der Betroffenen ist, sondern eine Verantwortung der gesamten Schule.

{title && {title} } red, {title && {title} } 14.06.2025, 12:00
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