Single oder Beziehung? Beides hat seine Vor- aber auch Nachteile. Einen potenziellen Nachteil einer Beziehung zeigt eine neue Studie aus dem Iran auf. Nämlich dass Paare möglicherweise mehr teilen, als sie erwartet haben: die Bakterien in ihrem Mund – und damit möglicherweise auch ihre psychischen Probleme.
Eine Studie mit frisch verheirateten Paaren im Iran ergab, dass sich die Mundbakterien des Partners verändern, wenn ein Partner unter Depressionen und Angstzuständen leidet. Mit der Veränderung dieser Mikroben verändern sich auch die Stimmung und das Schlafverhalten des gesunden Partners.
Das Forschungsteam beobachtete Paare, die durchschnittlich sechs Monate verheiratet waren. Zwischen Februar und Oktober 2024 rekrutierten sie 1.740 Paare und verglichen 268 gesunde Ehepartner mit 268 Partnern, die unter Depressionen, Angstzuständen und Schlafproblemen litten. Beide Gruppen unterzogen sich standardisierten Tests zur psychischen Gesundheit, gaben Speichelproben zur Messung von Stresshormonen ab und ließen ihre Mundbakterien mithilfe fortschrittlicher DNA-Sequenzierungsverfahren analysieren.
"Die orale Übertragung der Mikrobiota zwischen Personen in engem Kontakt vermittelt teilweise Symptome von Depressionen und Angstzuständen", schlussfolgerten die Forscher in ihrem in Exploratory Research and Hypothesis in Medicine veröffentlichten Artikel.
Zu Beginn der Studie erzielten gesunde Ehepartner bei Tests zu Depression, Angst und Schlafqualität normale Werte. Nach sechs Monaten des Zusammenlebens mit einem betroffenen Partner stiegen ihre Werte deutlich an – sie erreichten zwar nicht ganz das Niveau ihres problematischen Ehepartners, bewegten sich aber in diese Richtung.
Aufschlussreicher war, was mit den Mundbakterien geschah. Das orale Mikrobiom gesunder Ehepartner, also die Gemeinschaft der Mikroorganismen in unserem Mund, begann dem ihrer depressiven und ängstlichen Partner zu ähneln, wobei bestimmte Bakterienfamilien wie Clostridia, Veillonella , Bacillus und Lachnospiraceae bei beiden Partnern häufiger auftraten.
Diese Bakterien sind nicht zufällig. Frühere Forschungen haben dieselben Mikroorganismen mit Hirnerkrankungen wie Depressionen, Angstzuständen und Schlafstörungen in Verbindung gebracht. Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese Bakterien das Gehirn beeinträchtigen könnten, indem sie die Blut-Hirn-Schranke schädigen oder über die sogenannte "orale Mikrobiota-Hirn-Achse" – im Wesentlichen einen Kommunikationsweg zwischen Mundbakterien und Gehirn – wirken.
Ehefrauen schienen für diese Veränderungen anfälliger zu sein als Männer. Nach sechs Monaten zeigten sie eine stärkere Zunahme von Depressionen, Angstzuständen und Schlafproblemen sowie größere Veränderungen in der Zusammensetzung ihrer Mundbakterien.
Die Studie maß auch Cortisol, das oft als "Stresshormon" bezeichnet wird, im Speichel der Teilnehmer. Gesunde Ehepartner, die mit depressiven und ängstlichen Partnern verheiratet waren, zeigten über sechs Monate hinweg einen signifikanten Anstieg ihres Cortisolspiegels, was darauf hindeutet, dass ihre Stressreaktionssysteme aktiviert wurden.
Diese Erkenntnisse könnten unsere Denkweise über die Behandlung von Depressionen und Angstzuständen in Beziehungen verändern. Anstatt sich ausschließlich auf den einzelnen Patienten zu konzentrieren, sollten Gesundheitsdienstleister das Paar möglicherweise als Einheit betrachten und möglicherweise beide Partner behandeln, selbst wenn nur einer von beiden offensichtliche Symptome zeigt.
Die Forschung stützt sich auf überzeugende Erkenntnisse aus Tierstudien, in denen Wissenschaftler durch die Transplantation von Darmbakterien depressiver Tiere erfolgreich depressionsähnliche Verhaltensweisen auf gesunde Mäuse übertragen konnten. Weitere Studien zeigen, dass Probiotika – nützliche Bakterien – die Stimmung verbessern und Ängste bei Tieren und Menschen reduzieren können.