"Keine Falschaussage"

Kurz-Freispruch – so blamierten sich Korruptionsjäger

Die Ankläger wollten Ex-Kanzler Kurz wegen Falschaussage im U-Ausschuss drankriegen. Jetzt hob das Gericht den Schuldspruch auf. Was das bedeutet.
Angela Sellner
26.05.2025, 19:29
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"Jahrelang war ich mit Vorwürfen konfrontiert, das wurde sehr zelebriert – jetzt ist alles in sich zusammengefallen", zeigte sich Sebastian Kurz am Montag nach seinem Freispruch erleichtert.

Der VP-Altkanzler hatte im Februar 2024 in erster Instanz acht Monate bedingt ausgefasst, weil er im Juni 2020 im parlamentarischen Ibiza-Untersuchungsausschuss "unvollständig" geantwortet habe. Kurz ging in Berufung, die am Montag ab 9 Uhr unter riesigem Medieninteresse im Großen Saal des Justizpalasts in Wien verhandelt wurde.

Worum es ging: Die Ankläger der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hatten Kurz vorgeworfen, er habe im U-Ausschuss seine Rolle bei der Aufsichtsratsbestellung der Staatsholding ÖBAG heruntergespielt. Er habe mit seiner Aussage den Eindruck erwecken wollen, dass er mit dem Vorgang eigentlich gar nichts zu tun hatte. Der frühere Generalsekretär des zuständigen Finanzministeriums, Thomas Schmid (inzwischen Kronzeuge in der Chat-Affäre), hatte allerdings erklärt, ohne Kurz sei keine Entscheidung gefallen – daher die Anklage wegen Falschaussage.

Ersturteil komplett gekippt

Freispruch: Nach nicht einmal zwei Stunden Verhandlung war es gestern um 10:45 Uhr so weit: Das Gericht hob das Ersturteil gegen Kurz rechtskräftig auf. Eine Schlappe für die Korruptionsstaatsanwälte, die für ihre Anklage jahrelang ermittelt, Dutzende Zeugen befragt, tausende Seiten Akten gefüllt hatten.

Die Staatsanwälte hatten zuvor in der Berufungsverhandlung noch in den Raum gestellt, dass die bedingte Haftstrafe möglicherweise in eine unbedingt Geldstrafe umgewandelt werden könnte. Die Richter kippten das erstinzanzliche Urteil aber nach kurzer Beratung komplett.

Chronologie des Kurz-Prozesses
APA

Begründung: Der Richtersenat folgte in der Begründung der Urteils-Aufhebung weitgehend den Argumenten von Kurz und seinem Anwalt Otto Dietrich. Kurz habe im U-Ausschuss die Frage der Neos-Abgeordneten Stephanie Krisper, ob er in die Aufsichtsrats-Bestellung eingebunden war, mit "Ja" beantwortet. Damit habe er nichts Falsches gesagt. Und: "Durch diese Antwort wurden keine erheblichen Tatsachen verschwiegen", hieß es seitens des Gerichts. Ausführlicher habe Kurz nicht antworten können, weil er unterbrochen wurde und dann gemäß den U-Ausschuss-Regeln eine andere Fraktion mit Fragen an der Reihe war.

Bonelli-Schuldspruch bestätigt

Mitangeklagter: Im Erstprozess wurde Kurz’ Ex-Kabinettschef Bernhard Bonelli in der Causa ebenfalls verurteilt (sechs Monate bedingt). Sein Urteil wurde in der Berufung nicht aufgehoben. Das bedaure er zutiefst, so Kurz.

Erst zur Familie: Der Ex-Kanzler verließ das Gericht nach kurzem Statement vor den Medien – er wolle heim zur Familie. Erst vor wenigen Tagen ist Kurz zum zweiten Mal Vater geworden. Für Dienstag wird eine ausführliche Stellungnahme des 38-Jährigen erwartet.

VP-Reaktionen: In der ÖVP herrscht Freude über den Kurz-Freispruch. "Es hat sich nach einem sehr langen Verfahren herausgestellt, dass die Vorwürfe zu Unrecht bestanden haben", so Bundeskanzler Christian Stocker. Er freue sich für Kurz. "Wir haben immer an Kurz’ Unschuld geglaubt", erklärte Parteigeneral Marchetti. ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl sprach von einem "guten Tag für den Rechtsstaat".

"Wichtiges Signal"

Der ÖVP-Nationalratsabgeordnete Andreas Hanger bezeichnete den Freispruch als "wichtiges Signal" auch für künftige U-Ausschüsse. "Wäre das Urteil der vorherigen Instanz bestätigt worden, wäre es für jede rhetorisch begabte Person aus der Politik ein Leichtes gewesen, unliebsame Personen vor einen U-Ausschuss zu zerren, nur um dann gezielt mit strategisch platzierten Fragen ein Verfahren wegen Falschaussage zu provozieren", so Hanger.

Polit-Comeback? Mit dem Freispruch ist nicht zuletzt eine Hürde für ein mögliches Polit-Comeback von Kurz, inzwischen erfolgreicher Unternehmer, aus dem Weg geräumt. Auch wenn er selbst derartige Ambitionen zuletzt stets abstritt...

{title && {title} } sea, {title && {title} } Akt. 26.05.2025, 22:00, 26.05.2025, 19:29
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