"Das Eigenthum ist unverletzlich. Eine Enteignung gegen den Willen des Eigenthümers kann nur in den Fällen und in der Art eintreten, welche das Gesetz bestimmt." So steht es seit dem Staatsgrundgesetz (StGG) von 1867 in der österreichischen Verfassung festgeschrieben.
Besteht jedoch erhebliches öffentliches Interesse kann dieses Grundrecht aber ausgehebelt werden. Das ist etwa bei Infrastrukturprojekten gegeben. Eine Enteignung sollte jedoch auch nach Ansicht des Gesetzgebers nur die "letzte Möglichkeit" sein.
"Wenn alle Verhandlungen nicht fruchten, bleibt nichts anderes übrig, als die Enteignung zu verfügen. Im Gesetz wird für den Preis der ortsübliche Verkehrswert festgelegt", erklärt Verwaltungsjurist Peter Bussjäger gegenüber dem ORF.
Anlass ist ein anhaltender Streit um ein Stück Land in Salzburg. Dort sieht sich die Verwaltung offenbar genötigt, zu dieser Ultima Ratio zu greifen. Zum allerersten Mal soll ein Grundbesitzer, der sich seit Jahren allen Angeboten verweigert, enteignet werden.
Konkret geht es um einen Radweg-Lückenschluss entlang einer Freilandstraße, um die Stelle für Radler sicherer zu machen. Wo genau, das will die Radverkehrs-Koordinatorin des Landes, Ursula Hemetsberger, nicht öffentlich machen.
"Jetzt möchten wir es mal bei einem probieren, bei dem wir bisher gescheitert sind", so Hemetsberger. Sie hofft, dass die Einleitung des Enteignungsverfahrens auch eine Signalwirkung für andere Sturköpfe darstellt und die Grundablöse künftig wieder einfacher wird. Denn in den vergangen Jahren sei dies immer schwieriger geworden.
"Es scheiterte an den Vorstellungen – bzw. dass er es erst gar nicht hergeben wollte und dann so überzogene Erwartungen hat, dass wir das mit den Steuergeldern auch nicht machen können", sagt die Radverkehrs-Koordinatorin. Sie müsse verantwortungsvoll wirtschaften: "Ich kann nicht einen Fantasiepreis zahlen, nur weil er das nicht gern hergeben möchte."
Im Übrigen ist das kein Einzelfall: Für neue Straßen und Bahnstrecken wurden und werden in Österreich zahlreiche Menschen enteignet.
Roland Romano von der Radlobby Österreich sieht im Gespräch mit dem "Standard" besonders im ländlichen Raum großen Handlungsbedarf hinsichtlich der Radinfrastruktur. Gerade zwischen Gemeinden gebe es oft nur die Freilandstraße, wo Autofahrer mit 100 km/h oder mehr an Drahtesel-Reitern vorbeibrettern. Für Kinder und ältere Menschen ist das keine Option.
Das müsste aber nicht so sein: In den Niederlanden fahren Kinder sogar von einem Ort zum nächsten zur Schule", weil es getrennte und somit sichere Radwege gebe, sagt Romano. Unsere Alpenrepublik ist jedoch noch weit davon entfernt, ein Radler-Himmel zu sein.