"Ich bin grundsätzlich sehr vorsichtig bei allen Rechnungen, bei denen ich nicht zu 100 Prozent weiß, dass ich sie ausgelöst habe", sagt Mike Martin zum Schweizer Nachrichtenportal "20 Minuten".
Ohne Bestellung erhielt der 33-jährige Berner ein Paket, das auf den ersten Blick wie eine reguläre Amazon-Sendung aussah. Der Inhalt: eine Blu-ray-Disc vom Film "Der wilde Roboter". Die Disc verstaute er daraufhin kurzerhand im Keller.
Eine Woche später traf ein Brief bei ihm ein, der ebenfalls im offiziellen Design von Amazon gestaltet war. Darin wurde ihm mitgeteilt, dass er künftig auf Monatsrechnung einkaufe. Zudem wurde er aufgefordert, sich beim Kundendienst zu melden, falls er diesen Artikel nicht selbst bestellt hat.
"Man merkt keinen Unterschied zu einem offiziellen Amazon-Brief", sagt Mike. Doch er blieb misstrauisch. Bei einer Online-Recherche stellte er fest: Die im Schreiben angegebene Telefonnummer gehörte nicht zum offiziellen Amazon-Kundendienst.
Zudem stieß er auf zahlreiche Erfahrungsberichte von Betroffenen, die ebenfalls ein nicht bestelltes Paket mit anschließendem Amazon-Schreiben erhalten haben. Einige von ihnen berichteten, dass sie nach einem Anruf bei der angegebenen Nummer aufgefordert wurden, ihr Passwort oder ihre Kreditkartendaten mitzuteilen, um ihre Identität zu verifizieren. "Zum Glück bin ich denen nicht auf den Leim gegangen", sagt Mike.
Amazon verweist auf Anfrage von "20 Minuten" auf seine Sicherheitshinweise, um Betrugsversuche frühzeitig zu erkennen.
Dass Betrüger seine Adresse kannten, überraschte Mike nicht. Er engagiert sich öffentlich mit seinem Start-up "Ocean Spirit", das sich für den Schutz der Meere einsetzt. Informationen zu seiner Person seien im Internet durchaus auffindbar, meint er.
Diese konkrete Form des Betrugs war der zuständigen Kantonspolizei bisher noch nicht bekannt. Es sei jedoch dem Identitätsdiebstahl, dem Bestellbetrug oder dem Phishing zuzuordnen, wie auf Anfrage von "20 Minuten" mitgeteilt wird.
Zusätzlich verweist die Polizei auf die Kriminalstatistik, die zeigt, dass Delikte wie Phishing (+56 Prozent) oder Identitätsmissbrauch (+105 Prozent) im Jahr 2024 stark zugenommen haben, verglichen mit dem Vorjahr.