20 Jahre lang führte Horner den Red-Bull-Rennstall in der Formel 1, machte das Team aus Milton Keynes zu einer der Top-Adressen in der Motorsport-"Königsklasse". Die Bullen holten acht Fahrer- und sechs Konstrukteurs-WM-Titel. Doch nun sind die Tage des 51-Jährigen gezählt. Horner wurde mit sofortiger Wirkung als Teamchef abgesetzt. Sein noch bis 2030 laufender Vertrag soll aufgelöst werden. Das kostet den Konzern Millionen, schließlich betrug das Jahressalär des Briten zuletzt 10,7 Millionen Euro.
Als "Drahtzieher" der Horner-Absetzung gilt Red Bulls Geschäftsführer Oliver Mintzlaff. In einem Krisentreffen mit dem Erben Mark Mateschitz und dem thailändischen Mehrheitseigentümer Chalerm Yoovidhya wurde das Aus besiegelt. Damit setzte sich auch der "österreichische Flügel" im Red-Bull-Machtkampf durch. Horner, der sich nach dem Tod von Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz der Thai-Familie zugewandt hatte, verlor zuletzt die Unterstützung Yoovidhyas.
Verantwortlich dafür ist die sportliche Talfahrt der letzten Monate. 2023 gewann Red Bull noch 21 von 22 Saisonrennen, auch 2024 rettete Star Max Verstappen noch seinen vierten WM-Titel. Doch zuletzt machte das Team Rückschritte. Horners Führungsstil wurde kritisiert, wichtige Erfolgsgaranten wie Star-Designer Adrian Newey, Sportdirektor Jonathan Wheatley oder Rob Marshall hatten den Rennstall zuletzt verlassen.
Mintzlaff schlug sich im Machtkampf auf die Seite von Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko und Mark Mateschitz, gestützt vom Verstappen-Clan. Gerade Vater Jos Verstappen hatte sich 2024, nach dem Aufkommen der Belästigungsvorwürfe einer engen Mitarbeiterin, deutlich gegen Horner gestellt. Das Team werde zerbröseln, prophezeite er, sollte zumindest mit Blick auf die namhaften Abgänge und die stark nach unten gehende Formkurve Recht behalten. Gerade zwischen Verstappen und Horner stimmte die Chemie seit gut einem Jahr nicht mehr. Sie rauften sich im WM-Kampf der letzten Saison zusammen, Vertrauensbasis gab es aber keine mehr.
Verstappen liebäugelte zuletzt mit einem Abgang, Mercedes-Teamchef Toto Wolff führte Gespräche über einen Teamwechsel, obwohl der Vertrag des Niederländers noch bis 2028 läuft, allerdings leistungsbezogene Ausstiegsklauseln enthält. Yoovidhya soll, so heißt es, befürchtet haben, den Star-Fahrer tatsächlich zu verlieren, auch deshalb nicht mehr die schützende Hand über Horner gehalten haben.
Schon Wochen vor dem Red-Bull-Knall hatte Mintzlaff über die Verstappen-Zukunft gesprochen. Aussagen, die nach dem Horner-Rauswurf in einem ganz anderen Licht erscheinen. "Ich bin überzeugt, dass er den langen Weg, den er bisher mit Red Bull gegangen ist, auch weiter mit uns bestreiten wird. Max wird auch 2026 für uns fahren", hatte der Deutsche bereits im April der "Bild" gesagt. "Zum einen hat er nicht ohne Grund bis Ende 2028 unterschrieben, zum anderen hat er sich zuletzt klar positioniert. Max hat mir mal gesagt, dass er seine Karriere bei Red Bull angefangen hat – und sie dort auch gerne beenden möchte. Wir haben extrem viel von Max, dem besten Fahrer der Welt, profitiert. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass er Red Bull viel zu verdanken hat", führte der Red-Bull-Geschäftsführer weiter aus.
Ob Mintzlaff damals schon über den bevorstehenden Horner-Rauswurf bescheid wusste? Unklar. Mit dem Abgang des im Verstappen-Lager so unbeliebten Teamchefs hat der Deutsche jedenfalls einen Schritt unternommen, um den 27-Jährigen an Bord zu halten. Noch bevor die Belästigungsvorwürfe Anfang 2024 publik wurden, soll Mintzlaff die Horner-Absetzung geplant haben. Damals wurde die Führungsriege des Energydrink-Imperiums noch von Yoovidhya gestoppt. Nun nicht mehr.