Nach 20 Jahren als Teamchef beim Formel-1-Rennstall ist Horner nun Geschichte – nach acht Fahrer-WM-Titel und sechs Weltmeisterschaften bei den Konstrukteuren. Horner wurde die sportliche Talfahrt der letzten Monate zum Verhängnis. Aus dem einst dominierenden Rennstall der Motorsport-"Königsklasse" ist ein Formel-1-Mittelständler geworden, ein "Ein-Mann-Team", das nur durch die Klasse von Star Max Verstappen im Spitzenfeld gehalten wird.
Der thailändische Red-Bull-Mehrheitseigentümer Chalerm Yoovidhya hatte Horner lange gestützt – als eine enge Mitarbeiterin Belästigungsvorwürfe erhob, als Horners Führungsstil angeprangert wurde, als Leistungsträger wie Star-Designer Adrian Newey und Sportdirektor Jonathan Wheatley den Rennstall verlassen hatten. Doch genau diese Unterstützung bröckelte nun. in einer Krisensitzung mit Yoovidhya, dem Red-Bull-Erben Mark Mateschitz und Oliver Mintzlaff, dem Geschäftsführer des Energydrink-Imperiums, wurde Horners Aus besiegelt. Er wurde sofort von seinen Aufgaben entbunden, der noch bis 2030 laufende Vertrag soll aufgelöst werden.
Bemerkenswert: Horners Aus verkündete nicht der Rennstall, sondern die Red Bull GmbH., mit einem Mintzlaff-Statement, in dem sich der Deutsche bei Horner bedankte. Nähere Details blieb Red Bull schuldig. Mitlerweile hat sich auch Verstappen selbst zum Aus von Christian Horner zu Wort gemeldet. ""Von meinem ersten Rennsieg bis zu vier Weltmeistertiteln haben wir großartige Erfolge geteilt, unvergessliche Rennen gewonnen und viele Rekorde gebrochen. Danke für alles, Christian", schrieb Verstappen auf Social Media.
Manager Raymond Vermeulen meinte gegenüber dem "Telegraaf": "Wir wurden vom Red-Bull-Management im Vorfeld über diese Entscheidung informiert. Es liegt an Red Bull, die Gründe näher zu erläutern. Wir konzentrieren uns weiterhin auf die sportliche Seite und streben nach mehr Leistung, um wieder an die Spitze zurückzukehren. Daran wird sich nichts ändern."
Verstappen und Horner – das war in den letzten Monaten keine harmonische Beziehung mehr. Spätestens mit dem Bekanntwerden der Belästigungsvorwürfe stellte sich vor allem Verstappens Vater Jos gegen den Teamchef. Red Bull werde zerbrechen, warnte er vor gut einem Jahr. Als Förderer und Mentor Helmut Marko im Zuge des Red-Bull-Machtkampfs zwischen dem "österreichischen" Red-Bull-Flügel und Horner, noch gestützt von Yoovidhya, vor dem Aus stand, stellte sich Verstappen schützend vor den Grazer, Marko durfte bleiben. Und nun ist Horner Geschichte.
Doch was bedeutet das für Vierfach-Weltmeister Verstappen? Der 27-Jährige wurde zuletzt immer wieder mit einem Abgang in Verbindung gebracht. Mercedes-Teamchef Toto Wolff ließ nicht locker, bastelt an der Verstappen-Verpflichtung und bestätigte zuletzt Verhandlungen mit dem Vierfach-Weltmeister. Jedenfalls ist der Vertrag von "Silberpfeil"-Pilot George Russell, der am Jahresende ausläuft, noch nicht verlängert – genau diesen Platz könnte der Niederländer einnehmen. Eigentlich läuft der Verstappen-Vertrag bei Red Bull noch bis 2028. Doch mittels leistungsbezogener Ausstiegsklausel wäre ein vorzeitiger Abgang möglich. Die Klausel wird schlagend, wenn der 27-Jährige zu Beginn der Sommerpause nicht unter den Top-Drei der Fahrer-Weltmeisterschaft liegt. Aktuell ist Verstappen noch Dritter, Mercedes-Mann Russell liegt 18 Punkte dahinter. Es stehen noch zwei Rennwochenenden auf dem Programm, in Spa und in Budapest.
Der Yoovidhya-Clan soll letztendlich laut "Motorsport Magazin" Angst gehabt haben, Verstappen zu vergraulen. Horner sei eine Umstrukturierung des Rennstalls angeboten worden, der Brite habe sich dagegen aber gesträubt, musste gehen. Gerüchte, dass auch das Verstappen-Lager hinter den Kulissen zumindest an einer Entmachtung Horners gearbeitet haben soll, halten sich hartnäckig.
Mit 2026 greifen umfangreiche Regeländerungen in der Formel 1, wird Red Bull erstmals selbst zum Motorenbauer. Und soll dabei Schwierigkeiten haben, während Mercedes nachgesagt wird, das beste Triebwerk auf dem Prüfstand zu haben.
Horner ist weg, heißt das nun, dass Verstappen dem Rennstall erhalten bleibt? Das ist noch unklar, Verstappen äußerte sich bisher noch nicht. Bereits zuletzt hat der Vierfach-Weltmeister ein deutliches Bekenntnis zu Red Bull vermieden. Mehrmals direkt darauf angesprochen, ob er auch im kommenden Jahr für die Bullen fahren werde, erklärte der Niederländer, er bekomme diese Frage ständig und er werde sie nicht anders beantworten, hüllte sich damit also in Schweigen.
Bevor der Red-Bull-Star über einen Abgang entscheiden kann, muss die Klausel erst schlagend werden, was aktuell noch nicht der Fall ist. Zwar ist Papier geduldig, könnte der amtierende Champion auch aus seinem Vertrag herausgekauft werden. Doch dass es dazu kommt, darf bezweifelt werden. Verstappen wird nachgesagt, grundsätzlich bei Red Bull bleiben zu wollen, sofern das Auto konkurrenzfähig ist. Nun liegt es also am neuen Teamchef Laurent Mekies.