Lauter Appell an Politik

"Müssen mit dem leben" – Betriebsrat zur Lenzing-Krise

Harter Sparkurs beim Faser-Giganten Lenzing: Bis 2027 sollen 600 Jobs am Stammsitz fallen. Der Betriebsrat kämpft weiter für die Mitarbeiter.
Lea Strauch
30.09.2025, 10:47
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Schock bei Lenzing: Der Faser-Riese kündigte am Montag ein beinhartes Sparprogramm an. In der Zentrale im Bezirk Vöcklabruck sollen bis 2027 rund 600 Jobs wegfallen. Allein heuer müssen wohl noch 250 Mitarbeiter gehen. Parallel will der Konzern seine Präsenz in Asien und Nordamerika ausbauen, um näher an den dortigen Märkten für Textil- und Vliesstoffe zu sein.

"Keine gute Nachricht"

"Die Stimmung ist natürlich getrübt", sagt Michael Bichler, stellvertretender Angestellten-Betriebsratschef, gegenüber "Heute". "Wir haben schon gewusst, in welche Richtung es geht, aber das ist natürlich keine gute Nachricht."

Dass jetzt doch sogar 600 Mitarbeiter gehen müssen, "war natürlich eine Ernüchterung. Wir sind bis zum Schluss eher von 500 ausgegangen". Nichtsdestotrotz sei man weiterhin zuversichtlich, dass die Gespräche auch in Zukunft gut verlaufen. "Jetzt müssen wir erstmal mit dem leben, was uns gestern präsentiert worden ist."

Kritik an Internationalisierung

Was aber auf großen Unmut stößt, ist die geplante Internationalisierung – sie soll bis 2027 rund die Hälfte der in Summe wegfallenden Stellen kosten: "Wir befürchten, dass sich damit die Qualität massiv verschlechtert", so der Betriebsrat. Dass damit die Probleme gelöst werden, sei "ein Irrglaube". Er vermutet, dass dann große Unterstützung vom Kernteam aus Lenzing notwendig sei und der Plan "im Endeffekt ein Nullsummenspiel" werde.

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"Da hätte jemand einschreiten müssen"

"Uns wäre es lieber, man behält die top ausgebildeten Mitarbeiter hier und findet vielleicht durch die Digitalisierung Möglichkeiten, Prozesse hier am Standort zu vereinfachen", schlägt Bichler vor. Noch heute stehe ein weiterer Termin mit dem Vorstand an. Der Arbeitnehmervertreter betont, dass man prinzipiell eine gute Gesprächsbasis habe. In den kommenden Wochen werde sich entscheiden, wer genau gehen muss.

In Richtung Politik hat der Betriebsrat eine klare Erwartungshaltung: "Was dringend notwendig ist, ist eine Industriestrategie für Oberösterreich." Vor allem die hohen Energiepreise hätten auch die Lenzing AG belastet. "Da hätte einfach mal jemand einschreiten müssen, das muss man ganz ehrlich sagen."

"Medizin überzeugt nicht"

Ähnlich wie der Betriebsrat sieht das auch SPOÖ-Chef Martin Winkler: "Die jetzt vorgeschlagene Medizin überzeugt aber nicht." Er ist sich sicher: "Eine wirkliche Verbesserung würde die Lenzing AG nur erreichen können, wenn man die Vermarktung der eigenen Nischenfaserprodukte global verbessern kann. Das wird durch eine Verlagerung der Verwaltung nach Indien nicht passieren."

"Der Stellenabbau bei Lenzing ist ein weiterer Beweis dafür, dass Österreichs Industrie zunehmend unter Druck gerät", sagt der blaue Landeschef Manfred Haimbuchner. Man verliere nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch Know-how. "Wenn die Bundesregierung hier weiter untätig bleibt, droht eine Abwanderung ganzer Industriezweige ins Ausland", so der LH-Stv.

Land kündigt Unterstützung an

Bei dem Thema treten die Parteien ungewohnt geeint auf. Auch die grüne Wirtschaftssprecherin Dagmar Engl kritisiert: "Dass hochwertige Arbeitsplätze in der Verwaltung und in Know-How-Bereichen in Billiglohnländer ausgelagert werden, ist ein strukturelles Problem, das wir umgehend in Griff bekommen müssen."

Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) kündigte indes Unterstützung an: "Aus der Sicht des Landes OÖ ist es jetzt vordringlich, dass der mit dem Betriebsrat ausverhandelte Sozialplan allen betroffenen Lenzing-Beschäftigten entsprechend zugutekommt." Man wolle die vom Stellenabbau betroffenen Mitarbeiter rasch wieder in Beschäftigung bringen.

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