Bei der Rede des FPÖ-Abgeordneten Peter Wurm trauten viele Parlamentarier ihren Ohren nicht. Alles von Jörg Haider Prophezeite sei mittlerweile eingetreten, so auch die "Umvolkung", behauptete dieser am Donnerstag im Nationalrat. SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer forderte prompt einen Ordnungsruf für diesen Begriff.
Nationalratspräsident Walter Rosenkranz wollte den Hintergrund des Wortes jedoch erst prüfen. Dafür würde eigentlich ein kurzer Blick in den Duden reichen: "Gebrauch: nationalsozialistisch" steht dort direkt an zweiter Stelle.
"Dieser Vorfall ist untragbar und zeigt, dass die FPÖ keine Berührungsängste mit Rechtsextremen und Staatsverweigerern hat", zeigte sich ÖVP-General Nico Marchetti entsetzt. "Dass der blaue Nationalratspräsident Rosenkranz tatenlos zugesehen und nicht eingegriffen hat, ist absolut inakzeptabel. Einmal mehr lässt das Handeln von Rosenkranz Zweifel daran aufkommen, ob er dem zweithöchsten Amt unseres Staates gerecht werden kann."
Auch Lukas Hammer, Rechtsextremismus-Sprecher der Grünen, kritisierte: "Ein Abgeordneter der FPÖ verwendet in seiner Rede bewusst den Begriff 'Umvolkung' – einen eindeutig belasteten Ausdruck aus dem Vokabular des Nationalsozialismus, der auf die systematische Vertreibungs- und Vernichtungspolitik der Nazis Bezug nimmt. Doch anstatt sofort einzuschreiten, bleibt eine Reaktion von Nationalratspräsident Walter Rosenkranz aus."
Fünf Stunden – und einen Stromausfall – später forderten die Abgeordneten deshalb ein Update ein, ob es hierfür nun ein Ordnungsruf geben werde. Rosenkranz beteuerte darauf hin, genau recherchiert zu haben und zitierte insbesondere den Duden. Dabei sei er zum Schluss gekommen, dass mehrere Auslegungen möglich seien, Ordnungsruf werde es keinen geben.
„Ich habe diese Zeit tatsächlich auch genützt und dieses Wort angeschaut im Duden und so weiter. Es ist natürlich teilweise auch so konnotiert, wie Sie es gesagt haben – auch anders und daher teile ich Ihre Auffassung nicht.“NR-Präsident Walter RosenkranzZum Begriff "Umvolkung"
Das sorgte bei Abgeordneten aus den Reihen von ÖVP, SPÖ, Grünen und Neos für noch größere Aufregung, die FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch wiederum "nicht ganz" verstand. Sie zitierte daraufhin ebenfalls aus dem Duden, ließ den ganz oben stehenden Punkt "Gebrauch: nationalsozialistisch" aber aus.
Die Aufgabe von Rosenkranz sei es nicht, Schutzpatron der FPÖ-Abgeordneten zu sein, warf Krainer darauf ein. "Es besteht überhaupt kein Zweifel an der Verwendung", fasste Sigrid Maurer zusammen, die sich ebenfalls einen Ordnungsruf erwartete. Doch Rosenkranz blieb hart, verwies nüchtern darauf, dass es dem Vorsitzenden – also ihm allein – obliege, Ordnungsrufe auszusprechen.
Es folgten wilde Zwischenrufe und Schreiduelle im Hohen Haus, das Parlament war praktisch gelähmt. Abermals kam es darum zu einer Stehung und einer Unterbrechung der Sitzung. Dessen Ergebnis: Man werde warten, bis FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm von seinem "Termin" zurückkehrt, und ihm die Möglichkeit bieten, das Wort zurückzunehmen.
Und das tat er dann immerhin auch: "Ich nehme im Sinne einer gedeihlichen Zusammenarbeit hier im Haus diesen Begriff gerne zurück, wenn sie wollen. Überhaupt kein Thema." Am eigentlichen Problem ändere das aber nichts. Wurm will weiter reden, allerdings wird ihm von Rosenkranz das Mikrofon abgedreht. "Bitte keine ergänzenden Wortmeldungen."