Die ÖVP ist der große Verlierer der Wien-Wahl. Nach dem Rekordergebnis von 2020 mit 20,4 Prozent sacken die Wiener Schwarzen unter Karl Mahrer nun auf 9,6 Prozent ab – das zweitschlechteste Resultat aller Zeiten. Die Volkspartei hat gut jeden zweiten Wähler verloren und mit 10,8 Prozentpunkten das größte Minus aller Parteien eingefahren.
Die Volkspartei ist damit nur mehr fünftstärkste Partei im Wiener Landtag – hinter SPÖ, FPÖ, Grünen und Neos. Von 22 Mandaten büßen die Schwarzen zwölf ein, müssen sich künftig mit zehn Sitzen begnügen.
Mahrer räumte Sonntagabend die "massiven Verluste" ein, bezeichnete sie aber als "erwartbar". Das Ergebnis der Wahl 2020 sei außergewöhnlich gewesen.
Der Stadt-Obmann bleibt dabei, die VP für ein Regierungsbündnis mit der SPÖ anzubieten, im Wahlkampf-Finish hatte er dafür den Begriff "Feuerlöscher-Koalition" erfunden. Auf Basis des vorläufigen Ergebnisses würde Rot-Schwarz auf eine Mehrheit von 53 der 100 Mandate kommen. Ludwig freilich dürfte ein Dacapo mit den Neos präferieren.
Eine Nachfolgedebatte um Mahrer ist intern indes bereits entbrannt. Nicht zuletzt hat der 70-Jährige aktuell eine Untreue-Anklage am Hals (es gilt die Unschuldsvermutung). Er hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Wenig einfühlsam erklang bei Mahrers Ankunft in der ÖVP-Zentrale gestern Abend jedenfalls "Jailhouse Rock" von Elvis Presley.
Stellt sich die ÖVP nach Wahl-Debakel neu auf, warten gleich drei Kronprinzen: Die Bezirksvorsteher Daniel Resch (Döbling, ist Wunschkandidat von Wirtschaftskammer-Chef Walter Ruck) und Markus Figl (City) könnten auf Wahlerfolge verweisen.
Der Listen-Dritte Harald Zierfuß – er leistete konstruktive Oppositionsarbeit – wäre eine massive Verjüngung. Wiens JVP-Chef (demnächst 25) ist eine heiße Aktie, sollten die Erstgenannten ihren Vorsteher-Job der Oppositionsbank vorziehen. Zierfuß gilt jedoch auch als äußerst loyaler Mitstreiter Mahrers, winkte bei derartigen Spekulationen stets ab.
Und was sagt Karl Mahrer? "Das Ergebnis ist nicht gut", räumte er ein. Es sei aber "erwartbar" gewesen. Und: "Mein Wahlziel war, die VP in Regierungsverantwortung zu bringen, damit es bei Bildung, Integration, Gesundheitsversorgung echten Fortschritt gibt. Das liegt am Tisch."
Wie es mit ihm weitergehe? Mahrer verweist auf die Parteigremien, in denen man die Ergebnisse am Montag ab 16 Uhr analysieren werde. Er habe "einen klaren Plan für die nächsten Tage". Bürgermeister Ludwig werde zu Sondierungsgesprächen einladen. Für eine "Politik der Mitte, der wirtschaftlichen Stabilität und des sozialen Zusammenhalts" stehe die ÖVP bereit, wenn Ludwig an Zusammenarbeit gelegen sei.