Gesundheit

Osteoporose ist längst keine Frauenkrankheit mehr

Während Frauen weniger von Knochenbrüchen betroffen sind, verdoppelten sich die Zahlen bei Männern in den letzten 30 Jahren.

Sabine Primes
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Bei Osteoporose verliert der Knochen an Masse und Festigkeit. Dadurch bricht er leichter.
Bei Osteoporose verliert der Knochen an Masse und Festigkeit. Dadurch bricht er leichter.
Getty Images/iStockphoto

Die Osteoporose ist mit einer im höheren Alter stark abnehmenden Knochendichte und -festigkeit in Österreich ein Riesenproblem. Rund 370.000 Frauen und etwa 90.000 Männer dürften an krankhaftem Knochenschwund leiden. Laut Experten werden nur rund 20 Prozent der Fälle diagnostiziert. Bei der Zahl der Oberschenkelhalsbrüche würde man im internationalen Vergleich sehr schlecht abschneiden. Die Kosten durch Osteoporose wurden für Österreich auf mehr als 700 Millionen Euro pro Jahr geschätzt.

Osteoporose (Knochenschwund) bleibt oft lange unbemerkt. Dabei sind Masse, Qualität und Festigkeit der Knochen vermindert und ihre Brüchigkeit ist erhöht. Dazu zählen vor allem Wirbelkörper- und Oberschenkelhalsbrüche. Auch der Bruch der Speiche am Unterarm ist ein typisches Symptom. Aufgrund der Schmerzen nehmen viele Patienten eine Schonhaltung ein - den so genannten Rundrücken-"Witwenbuckel". Dabei krümmt sich die Wirbelsäule im Brustbereich nach hinten und im Lendenwirbelbereich nach vorne. 
Entgegen der früheren Behauptung ist Osteoporose längst keine typische Frauenkrankheit mehr, sondern auch Männer sind betroffen. Bei Frauen tritt sie aufgrund des Abfalls des Östrogenspiegels überwiegend nach den Wechseljahren auf, im höheren Alter bei beiden Geschlechtern. Familiäres Vorkommen, höheres Alter, häufige Stürze, Übermäßiger Alkohol- und Nikotingenuss und verminderte körperliche Bewegung begünstigen eine Osteoporose stark.

Osteoporose wird vorrangig mit Medikamenten therapiert, die den Knochenstoffwechsel positiv beeinflussen sollen. Ohne Behandlung schreitet die Erkrankung schleichend voran.  Regelmäßige körperliche Bewegung, eine kalziumreiche Ernährung, sowie eine ausreichende Vitamin D-Versorgung können in jungen Jahren helfen, die Knochen zu stärken und zu festigen. Später können diese Maßnahmen die Therapie positiv beeinflussen.

Allerdings könnte sich für die jüngere Vergangenheit eine Verbesserung der Situation abzeichnen. Das analysierten Hans Peter Dimai von der MedUni Graz und Co-Autoren in ihrer wissenschaftlichen Studie "Osteoporosis International".

Absolute Zahlen

"Die Gesamtzahl der Hüftfrakturen erhöhte sich von 13.984 (2009) auf 14.640 (2015) und fiel dann auf 14.457 im Jahr 2018 - dies trotz eines ständigen Anstiegs bei den Männern", heißt es in der Studie. 2010 sei es mit 476 Fällen von Oberschenkelhalsbrüchen pro 100.000 Einwohnern über 50 Jahren zum Höhepunkt der vorläufigen Entwicklung gekommen. Bis 2018 ist dieser Inzidenzwert auf 408 pro 100.000 Personen in der Altersgruppe über 50 gefallen. Das ist laut den Wissenschaftlern vor allem auf die Entwicklung bei Frauen zurückzuführen. Insgesamt könne das als ein Trend in eine positive Richtung gedeutet werden, weil die altersstandardisierte Häufigkeit bei Männern und Frauen zurückgegangen sei.

Unterschiedliche Entwicklung von Männern und Frauen 

Bei den Spitalsdaten zeigt eine Grafik der Autoren die deutlich unterschiedliche Entwicklung von Männern und Frauen bei den absoluten Zahlen. Die Zahl der jährlichen Krankenhausentlassungen nach einer Hüftfraktur (Hüftbruch) betrug für Frauen im Jahr 1989 etwas unter 8.000 und stieg bis 2018 auf etwas mehr als 11.000 an. Bei Frauen lässt sich bereits eine Abnahme ab 2005 beobachten. Die Zahl der Männer, die wegen einer Hüftfraktur im Krankenhaus versorgt werden müssen, stieg von 1989 (rund 2.000) kontinuierlich an. Sie erreichte 2018 etwa 5.000. Jedenfalls wird die Osteoporose derzeit offenbar "männlicher" und reduziert in der Gesamtsicht die positive Entwicklung bei den Frauen.

Gründe für die positive Entwicklung

Wahrscheinlich gibt es keine einfache Erklärung für die relativ positive Entwicklung. Ein möglicher Faktor könnte die Zunahme der Zahl der Übergewichtigen sein. Ein höherer Body-Mass-Index (BMI) wird mit weniger Osteoporose in Verbindung gebracht. Bei den Frauen könnte auch die in den vergangenen Jahrzehnten häufiger verwendete Hormonersatztherapie nach der Menopause eine Rolle gespielt haben. Darüber hinaus dürfte sich die Ernährung langfristig verbessert, die Raucherquote in der älteren Bevölkerung reduziert haben. Seit rund 20 Jahren gibt es auch wirksame Osteoporose-Medikamente, die breit eingesetzt werden. Dazu ist aber die Diagnose eines krankhaften Knochenschwundes notwendig.

Knochenbrüche erhöhen Sterberisiko

Knochenbrüche durch Osteoporose verursachen nicht nur Schmerzen und potenziell chronische Invalidität, sondern bedeuten für die Betroffenen auch ein deutlich erhöhtes Sterberisiko. Die Mortalität von Frauen mit einem Wirbelkörpereinbruch steigt auf das Fünffache, nach Hüftfrakturen verdoppelt es sich. Nach Oberschenkelhalsbrüchen ist die Sterblichkeit innerhalb der ersten drei bis sechs Monate am größten. 20 bis 30 Prozent der Sterbefälle sind direkt mit den Komplikationen durch eine Hüftfraktur verbunden. So enden Stürze Hochbetagter durch diese Verletzung oft tödlich.