Fungierte eine diplomierte Krankenpflegerin als "Todesengel" und "erlöste" zwei Patienten von ihrem Leiden? Dieser Frage muss nun die Staatsanwaltschaft Wien nachgehen. Die Mitarbeiterin der Klinik Favoriten steht jedenfalls unter Mordverdacht, wie der "Falter" zuerst berichtete.
Sie soll Mitte September einer Krebskranken im Endstadium eine Überdosis an Opiaten (Schmerzmittel) verabreicht haben. Nachdem der Fall bekannt wurde, rückt offenbar auch ein zweiter Fall in den Fokus der Ermittler: So soll auch ein Krebs-Patient im heurigen Jänner möglicherweise an einer Überdosis verstorben sein – eine Exhumierung steht im Raum. Beide Patienten sollen laut dem Wiener Gesundheitsverbund (Wigev) zwischen 50 und 70 Jahren alt gewesen sein.
Die beschuldigte Pflegerin war seit rund 1,5 Jahren für den Wigev tätig und bisher nicht auffällig: "Es gab keine Klagen und keine Beschwerden über sie", wurde im Rahmen einer Pressekonferenz erklärt. Weitere Details wurden nicht bekannt gegeben, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt.
Der Fall flog auf, weil die Pflegerin beim Schichtwechsel eine Bemerkung hatte fallen lassen, bei der die Alarmglocken schrillten: "Der Frau kann man mehr geben, dann geht's schneller vorbei", soll sie gesagt haben. Als die Patientin dann tatsächlich starb, wurde Meldung an die Stationsleitung erstattet.
Der Wigev leitete daraufhin eine interne Revision ein – diese ergab, dass es Unstimmigkeiten zwischen den Aufzeichnungen der Medikamente und der tatsächlich verabreichten Menge gab: "Die Medikamentenabgabe wurde nicht ordnungsgemäß dokumentiert", heißt es seitens des Wigev. Die Pflegerin sowie eine Kollegin, die gemeinsam mit ihr Dienst hatte, wurden daher aus disziplinarrechtlichen Gründen (Verstoß gegen interne Dokumentationspflichten) entlassen.
Das Gerät – eine automatisch gesteuerte Spritze – zeichnet genau auf, wann und wie viel an die Patienten abgegeben wird. Demnach gab es bei der Patientin mehrere Zusatz-Abgaben. Laut der Pflegedirektorin der Klinik Favoriten, Silvia Riepl, wurde die Beschuldigte mit den Vorwürfen konfrontiert: "Sie hat alles dementiert."
Klarheit wird erst die Obduktion der Verstorbenen bringen, die von der Staatsanwaltschaft angeordnet wurde – ein Toxikologe muss eruieren, ob die Medikamentendosis für den Tod der Frau verantwortlich war. Der Wigev hat zudem einen Facharzt für Anästhesie und Schmerztherapie mit der Überprüfung des Sachverhaltes bzw. einem Gutachten beauftragt – dieses ist ebenfalls noch ausständig.