Spiele-Test

"Pokémon Legenden: Z-A" – Nostalgie trifft Innovation

"Pokémon Legenden: Z-A" im "Heute"-Test: Neue Open World, starke Story und moderne Technik machen das Nintendo-Switch-2-Abenteuer zum Serien-Star.
Rene Findenig
14.10.2025, 16:38
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Illumina City, die schillernde Metropole der "Pokémon"-Fans bestens bekannten Kalos-Region, glitzert wieder - diesmal heller als je zuvor. Doch hinter den Lichtern verbirgt sich eine neue Richtung für die Reihe, die seit fast 30 Jahren Generationen von Spielern geprägt hat. Das neue "Pokémon-Legenden: Z-A" ist nicht nur ein weiteres Kapitel: Es ist der Versuch von Game Freak, die Serie endgültig ins moderne Gaming-Zeitalter zu führen - mit echter Open World, fließenden Kämpfen und einer filmreifen Inszenierung, die auf der neuen Nintendo Switch 2 endlich das leisten soll, was Fans seit Jahren fordern. Das Ergebnis? Ein mutiger, manchmal widersprüchlicher Mix aus Innovation, Nostalgie und technischer Gratwanderung.

"Pokémon-Legenden: Z-A" ist ein Spiel, das so sehr "Pokémon" ist wie nie, und doch ganz anders. Die Geschichte führt zurück in die Welt von "Pokémon X & Y" - in eine Zukunft, in der Kalos sich rasant industrialisiert hat. Die Entwickler setzen auf einen düsteren Ton: Illumina City ist keine heile Welt, sondern ein Moloch aus Neon, Rauch und Überwachungswahn. Menschen und Pokémon leben nicht länger Seite an Seite, sondern stehen sich misstrauisch gegenüber. Das Spiel erzählt diese gesellschaftliche Spaltung in fein beobachteten Szenen. Händler klagen über Strompreise, Forscher diskutieren über künstliche "Pokémon"-Intelligenz, und die Hauptfigur - eine junge Trainerin oder ein junger Trainer - gerät mitten in diesen Konflikt.

Zwischen Action-Abenteuer und Forschungsreise

Es ist die erste "Pokémon"-Story, die nicht nur vom Fangen der Wesen lebt, sondern auch sehr viele ernsthaftere, erwachsenere Themen aufgreift. Wie schon bei "Pokémon Legenden: Arceus" sind klassische Arenen passé. Stattdessen gibt es offene Gebiete mit eigenständigen Questreihen, Boss-"Pokémon" und dynamischen Events. Die Missionen des Spiels verknüpfen Umweltveränderungen, soziale Fragen und die große "Pokémon"-Mythologie miteinander - ein ungewöhnlicher Ansatz, der überraschend gut funktioniert. Im Kern bleibt "Pokémon Legenden: Z-A" dennoch ein Fangspiel - aber eines mit völlig neuer Dynamik. Die Spieler bewegen sich frei durch die offenen Zonen, schleichen durch Gras, nutzen Gadgets und Lockmittel beim Fang.

Kämpfe laufen nahtlos in Echtzeit ab, erfordern ständige Bewegung der Spielfigur (noch mehr als es in "Arceus" der Fall war) und können jederzeit in den traditionellen Rundenmodus wechseln. Dieser hybride Ansatz erinnert an "Final Fantasy VII Remake": Tempo und Taktik verschmelzen zum reaktionsfreudigen, strategischen Erlebnis. Neu ist das "Partner-System": Bestimmte "Pokémon" können auf Knopfdruck in der offenen Welt Aktionen ausführen - etwa Wände zerstören, Brücken aktivieren oder Stromkreise schließen. So wird die Umgebung integraler Bestandteil des Gameplays. Diese Mechanik sorgt für frische Rätsel, unterstreicht aber auch, dass Game Freak endlich über die Grenzen seiner alten Formel hinausdenkt.

Die Switch 2 verhilft der Technik zum Befreiungsschlag

Das Fangen selbst wirkt natürlicher als je zuvor. "Pokémon" reagieren auf Licht, Geräusche und Wetter. Manche sind nur nachts aktiv, andere lassen sich mit Nahrung oder Musik anlocken. Wer unüberlegt ins hohe Gras stürmt, riskiert panische Flucht oder aggressive Angriffe. Dieses Verhalten erinnert an "Arceus", wurde aber um deutlich mehr Lebensnähe und schlaueres KI-Verhalten erweitert. Lange wurde Game Freak indes für technische Rückständigkeit kritisiert. "Karmesin & Purpur" litten unter Rucklern, Pop-Ins und matschigen Texturen - ein Problem, das auf der alten Switch-Hardware kaum zu beheben war. Mit der Switch 2 ist nun vieles anders: "Z-A" läuft stabil mit 60 fps, die Ladezeiten sind kurz, die Weitsicht der Spielwelt beeindruckend.

Die Licht- und Schatteneffekte verleihen Illumina City eine Tiefe, die man von "Pokémon"-Spielen bisher kaum kennt. Besonders bei Regen oder in den Neon-Gassen entfaltet sich ein visuelles Spektakel, das fast schon an Cyberpunk-Ästhetik erinnert. Doch nicht alles glänzt. Einige Texturen bleiben flach, und die Gesichter der NPCs wirken manchmal ausdruckslos. Oft treten diese Dinge nicht auf, aber wenn, sind sie auffällig. Man merkt: Game Freak ist kein Studio mit AAA-Grafik-Erfahrung - aber die neue Engine, entwickelt in Kooperation mit Nintendo EPD, ist ein Schritt nach vorn. Vor allem die fließenden Übergänge zwischen Stadt und Umgebung sind ein Technik-Highlight, das man nur von den großen Open-World-Titeln kannte.

Nostalgie trifft Moderne bei Sound und Atmosphäre

Musikalisch ist "Pokémon-Legenden: Z-A" eine Wucht. Die orchestralen Neuinterpretationen klassischer Kalos-Themen werden mit elektronischen Beats und melancholischen Pianopassagen gemischt. Das Ergebnis: ein Soundtrack, der nicht nur begleitet, sondern erzählt. Besonders in stillen Momenten - wenn Nebel über die Stadt zieht und man das entfernte Summen der Magnetzüge hört - entfaltet sich eine Stimmung, die man sonst nur aus Filmproduktionen kennt. Auch die Soundeffekte überzeugen: Pokémon klingen natürlicher, ihre Laute variieren je nach Umgebung und Gemütszustand. Diese Liebe zum Detail sorgt dafür, dass sich die Welt lebendig anfühlt - eine Qualität, die vielen früheren Teilen fehlte.

Erstmals wagt sich Game Freak an gesellschaftskritische Themen: Fortschritt, Umweltzerstörung, Technikabhängigkeit. Die Handlung rund um die mysteriöse Energiequelle "Z-Kraft" ist mehr als ein Vorwand für Kämpfe - sie ist Spiegelbild einer Welt, die zwischen Tradition und Zukunft zerrieben wird. Fans früherer Generationen erkennen Parallelen zu Pokémon X & Y, besonders in Bezug auf die legendären Pokémon Zygarde, Xerneas und Yveltal. Doch Z-A führt diese Mythen weiter, ohne sich in Fanservice zu verlieren. Stattdessen stellt es Fragen: Welche Verantwortung trägt der Mensch gegenüber seinen Kreaturen? Was passiert, wenn Pokémon nur noch Werkzeuge sind? Diese erzählerische Tiefe hebt Z-A deutlich von Karmesin & Purpur ab, deren Story trotz ambitionierter Ansätze oft in Belanglosigkeit versank.

Beim Kampfsystem gelingt die Revolution halb

Im Vergleich zu "Pokémon Legenden: Arceus" wirkt "Z-A" strukturierter, reifer und besser ausbalanciert. Während "Arceus" experimentierte, aber technisch stolperte, liefert "Z-A" das stabile Fundament, auf dem künftige Spiele aufbauen können. Die Welt ist dichter bevölkert, das Quest-Design komplexer, die Charaktere tiefgründiger. Gegenüber "Karmesin & Purpur" punktet "Z-A" mit besserer Technik und klarerem Konzept. Die freie Erkundung bleibt, doch Chaos und Überforderung weichen einer Mischung aus Abenteuer und Struktur. Selbst die Menüs sind intuitiver, das Inventar-Management durchdachter. "Pokémon Schwert & Schild" wirken heute altbacken - ihr linearer Aufbau passt nicht mehr zur Freiheit, die "Z-A" bietet.

Das neue hybride Kampfsystem ist mutig, aber nicht perfekt. Zwar sorgen Echtzeitaktionen für Spannung, doch bei mehreren Gegnern wird es unübersichtlich. Strategen dürften außerdem den klassischen Rundenrhythmus vermissen, der das Franchise jahrzehntelang geprägt hat. Positiv ist: Statusveränderungen und Terrain-Effekte spielen nun eine größere Rolle, ebenso wie Synergien zwischen "Pokémon"-Typen. Besonders spektakulär ist die Rückkehr der "Mega-Entwicklung", erstmals in "Pokémon X & Y" eingeführt, die Pokémon zeitweise ganz neue und sehr starke Erscheinungsbilder mit neuen Fähigkeiten verleihen kann - eine Idee, die wegen der "normalen" Entwicklung zunächst absurd klingt, aber im Spiel überraschend gut funktioniert.

Eine "Pokemon"-Open-World mit Ecken und Kanten

Die Welt von "Pokémon Legenden: Z-A" ist groß, aber nicht grenzenlos. Statt einer einzigen Karte gibt es mehrere offene Bezirke rund um Illumina City - jeder mit eigenem Klima, eigenen Pokémon und eigenen sozialen Strukturen. Das sorgt für Abwechslung, verhindert aber, dass sich die Karte leer anfühlt. Kritisch: Einige Areale wirken trotz technischer Power noch immer zu steril. NPCs wiederholen Standarddialoge, und dynamische Ereignisse sind rar. Trotzdem: Im Vergleich zu den leblosen Wiesen von "Pokémon Karmesin & Purpur" ist "Pokémon Legenden: Z-A" ein Quantensprung. Die Hardware der Nintendo Switch 2 ist Game Freaks Rettung. Dank SSD-Speicher, Ray-Tracing-Support und höherer Auflösung entfalten sich Szenen wunderbar.

Die Konsole erlaubt endlich flüssige Animationen, schnellere Kämpfe und saubere Übergänge zwischen Zwischensequenzen und Gameplay. Auch die haptische Rückmeldung der neuen Joy-Cons wird clever genutzt: Wenn ein Pokémon angreift, spürt man das Beben im Controller. Das verleiht Attacken Gewicht - ein kleines Detail mit großer Wirkung. "Pokémon-Legenden: Z-A" ist kein perfektes Spiel - aber es ist das mutigste, das Game Freak je gemacht hat. Technisch solide, erzählerisch stark und spielerisch endlich auf der Höhe der Zeit. Manche Ideen wirken noch roh, doch sie zeigen, wohin die Reise geht: zu einer "Pokémon-Zukunft", die sich traut, mehr zu sein als Nostalgie. Wer offen für Innovationen ist, wird von "Z-A" begeistert sein.

{title && {title} } rfi, {title && {title} } Akt. 14.10.2025, 16:43, 14.10.2025, 16:38
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