Die Zeichen sind keine guten: Das Finanzministerium ging am Donnerstag von einem Budgetdefizit von 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Der Wert werde nun an die Statistik Austria übergeben, die diese Zahl wiederum an die EU übermittelt. Von einem Defizitverfahren sei trotz hartem Sparkurs auszugehen, hielt das Ministerium in einer schriftlichen Stellungnahme fest. Das wollte die Bundesregierung eigentlich verhindern, wie sie auch in ihrem Arbeitsprogramm festgeschrieben hatte.
Der Bischof der Evangelischen Kirche in Österreich, Michael Chalupka, war dazu Donnerstag zu Gast in der "ZIB2" bei ORF-Moderatorin Margit Laufer und fürchtete Sozial-Kürzungen. "Wir sind mitten in der Karwoche und da geht es darum, dass man hinschaut. Auch hinschaut, wo Menschen leiden, wo es ihnen nicht gut geht. Und wo wir auch unsere Verpflichtung fühlen, diesen Menschen zu helfen", so der Bischof. "Diese Regierung ist jetzt angetreten mit durchaus ambitionierten Zielen", hieß es, es gebe aber neben Gutem auch umstrittene Maßnahmen.
Besonders bei der Sozialhilfe müsse man hinschauen, "wer braucht es notwendig". Es seien jetzt "alle aufgerufen", zu helfen, "und nicht bei den Ärmsten zu sparen". Eine Reform der Sozialhilfe "wäre schon längst notwendig", so der Bischof, "aber sie muss armutsfest sein". Chalupka plädierte gegen "eine Sozialhilfe, die nach unten kürzt" und sprach sich für ein Modell aus, dass sich an der Armutsschwelle orientiere, "so dass Menschen über die Armut gehoben werden". Davon "sind wir aber noch weit entfernt", so Chalupka.
Chalupka wurde auch mit Zahlen aus dem Ministerium von Claudia Plakolm (ÖVP) konfrontiert, nach denen eine asylberechtigte Familie ohne Arbeit und mit drei Kindern rund 50.000 Euro an Mindestsicherung pro Jahr bekommen würde. "Dass Menschen in den Arbeitsmarkt sollen, das ist eine alte Forderung der Kirche und ihrer Hilfsorganisationen, und zwar vom ersten Tag an", so Chalupka. "Diese Einzelbeispiele, wo große Summen genannt werden, die führen uns nicht weiter", hieß es. Man müsse Menschen in Arbeit, nicht unter die Armutsschwelle bringen.
Helfen könnte, dass die "ganze Sozialhilfe über das AMS abgewickelt wird", so der Bischof. "Es geht um die Arbeitsmarktintegration, und das ist das Wichtigste", so Chalupka. "Ein großes Missverständnis" sei, dass Menschen nicht dazu angehalten würden, Arbeit zu finden: "Die soziale Hängematte war immer Lug und Trug." Und die Abschaffung des Karfreitags als Feiertag? In allen Parteien habe man "offene Ohren" gefunden, dass der Karfreitag ein Feiertag für evangelische Menschen sein solle, er sollte aber auch Teil der Erinnerungskultur sein.
"Nicht uns ist etwas genommen worden, den Evangelischen, sondern die Republik hat sich darum gebracht, sich dran zu erinnern, wie mit einer religiösen Minderheit umgegangen worden ist", so der Bischof. "Wir werden uns dafür einsetzen." Man könne nicht "einfach 200 Jahre der Geschichte streichen", so Chalupka, Demokratie leben davon, "dass Minderheiten geschützt werden". Und Chalupkas Nachfolge, sei Österreich bereit für eine Bischöfin? "Unbedingt", so Chalupka, die Synode entscheide zwar, er der Bischof würde aber "sehr froh darüber" sein.