Pflegefall mit Folgen

Sohn ließ kranken Vater zurück – und erbt nichts

Sein Pflichtteil hat ein Herr endgültig verwirkt: Statt sich um seinen kranken Vater zu kümmern, fuhr er in den Urlaub, ließ den alten Herren zurück.
Wien Heute
21.10.2025, 06:15
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Alles begann, als der Sohn seinen demenzkranken Vater im Sommer 2009 in seinem Haus aufnahm. Damals ging er noch davon aus, dass sein Vater nur noch wenige Monate, maximal ein Jahr zu leben habe – so lauteten jedenfalls die Prognosen der Ärzte, wie die "Presse" berichtet. Was zu diesem Zeitpunkt noch keiner ahnen konnte: Der Mann sollte noch gute zwölf Jahre leben und über 90 Jahre alt werden. Für sein hohes Alter ging es dem Vater beim Umzug zu seinem Sohn zunächst noch relativ gut. Er litt zwar unter leichter Demenz, Schwindel, Diabetes und Morbus Parkinson, war aber in der Lage, viele Dinge selbst zu erledigen. Unterstützung beim Einnehmen seiner Medikamente, im Haushalt und beim Einkaufen benötigte er dennoch dringend. Aufgrund seiner Inkontinenz kam es gelegentlich vor, dass er das Bett nässte.

Aggressive Ausbrüche, sexuelle Belästigung...

Anfangs half der Sohn seinem Vater, wo er nur konnte. Sein Zustand besserte sich sogar merklich – der ältere Herr konnte wieder ins Wirtshaus gehen und selbstständig Geld am Schalter abheben. Als Dank zahlte er seinem Sohn und dessen Partnerin monatlich 300 Euro für ihre Unterstützung.

Doch mit der Zeit verschlechterte sich das Zusammenleben. Der Sohn berichtete von aggressiven Ausbrüchen des Vaters und davon, dass dieser seine Lebensgefährtin sexuell belästigt habe. Die Nichte des Vaters schilderte die Situation später jedoch anders: Sie sprach von Feindseligkeiten seitens des Sohnes und seiner Partnerin und übernahm schließlich selbst die Pflege des Mannes.

Sparbuch löste Konflikt aus

Ein Streit um ein Sparbuch brachte die Situation schließlich zum Eskalieren. Der Sohn hatte das Sparbuch seines Vaters an sich genommen, das er in dessen Wohnung gefunden hatte. Erst nachdem der Vater mit einer Anzeige drohte, gab er es wieder zurück. Doch damit nicht genug: Der Sohn hob insgesamt 3.300 Euro mit der Bankomatkarte seines Vaters ab – das Geld verwendete er ausschließlich für sich und seine Partnerin.

Ließen Vater einfach zurück

Ein Jahr nach dem Einzug des Vaters – im Sommer 2010 – fuhren der Sohn und seine Partnerin für zwei Wochen auf Urlaub nach Kroatien. Der Vater wollte in dieser Zeit im Haus bleiben und keinesfalls in ein Heim gehen. Für den Sohn und seine Partnerin kam das jedoch nicht infrage. Sie fürchteten, der Vater könnte während ihrer Abwesenheit persönliche Dinge verschenken oder vergessen, die Haustüre abzusperren.

Kurzerhand brachten sie den Vater in eine Zweitwohnung – ohne zuvor Verwandte oder mobile Pflegedienste um Hilfe zu bitten. Während ihres Urlaubs erkundigten sie sich weder nach seinem Wohlbefinden noch danach, ob er seine lebensnotwendigen Diabetes-Medikamente einnahm.

Senior versorgte sich Wochen lang alleine

Zwei Wochen lang musste sich der Mann selbst versorgen, obwohl er in Pflegestufe vier eingestuft war. Laut "Presse" war er in dieser Zeit "verunsichert". Aus Angst, der Sohn könne ihm erneut etwas wegnehmen – wie zuvor das Sparbuch –, ließ er die Schlösser seiner Wohnung austauschen.

Nach dem Urlaub wollte das Paar den Vater besuchen, stand jedoch vor verschlossenen Türen. Der Vater war nicht zu Hause. Telefonisch teilte er mit, dass die beiden künftig bitte anrufen sollten, bevor sie ihn besuchen. Weitere Kontaktversuche unternahm der Sohn danach nicht mehr.

Sohn bestand auf Pflichtteil

Nachdem dem Vater schließlich die Medikamente ausgingen, wurde klar: Er braucht Hilfe. Die Nichte kümmerte sich von da an regelmäßig um ihren Onkel, besuchte ihn mehrmals wöchentlich und telefonierte mit ihm. Der Vater war so verletzt, dass er drei Jahre vor seinem Tod ein Testament aufsetzte. Darin enterbte er seinen Sohn und vermachte sein gesamtes Vermögen der Nichte.

Nach dem Tod des Vaters bestand der Sohn dennoch auf seinen Pflichtteil in Höhe von 50.000 Euro, der ihm grundsätzlich zusteht, sofern kein sogenannter "Entfernungsgrund" vorliegt. Ein solcher liegt vor, wenn der Erbe dem Verstorbenen vorsätzlich schweres Unrecht zufügt, das mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist. Die unrechtmäßigen Abhebungen mit der Bankomatkarte reichten laut dem Wiener Landesgericht für Zivilsachen jedoch nicht aus, um den Sohn vollständig zu enterben.

"Besonders verwerfliches Handeln"

Ein anderer Entfernungsgrund traf laut Gericht jedoch sehr wohl zu: Der Sohn habe dem Verstorbenen in "verwerflicher Weise schweres seelisches Leid zugefügt". Das unerwartete Übersiedeln und die anschließende fehlende Sorge um den Vater seien besonders verwerflich gewesen. Schon aus moralischen Gründen lasse ein Sohn seinen kranken Vater nicht im Stich.

Sohn ging leer aus

Auch das Oberlandesgericht Wien betonte die Pflichten der Kinder. Diese seien verpflichtet, sich "im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren um ihre alt gewordenen Eltern zu kümmern". Dazu gehörten Hilfen beim Einkauf, bei der Wäsche oder beim Kochen – selbst dann, wenn die Eltern grundsätzlich in der Lage seien, diese Unterstützung von dritter Seite zu erhalten. Das Gericht kam daher zu dem Schluss: Der Sohn hat seine Pflichten verletzt, trägt nun die Konsequenzen – und erbt nichts.

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 21.10.2025, 07:34, 21.10.2025, 06:15
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