Untersuchung dauerte 5 Minuten

"90% behindert!" PVA senkt Pflegestufe von Österreicher

Ein Wiener, der nach einem Schlaganfall ins Berufsleben zurückkehrte, versteht die PVA-Entscheidung zur Herabstufung seiner Pflegestufe nicht.
André Wilding
16.10.2025, 21:35
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Mit einer Überlebenschance von nur fünf Prozent überstand Harald M. (Anm. Name der Redaktion geändert) im Jahr 2020 einen Schlaganfall. Nach Monaten im Krankenhaus und einem Reha-Aufenthalt kämpft er sich seitdem ins Leben zurück. Doch die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) mache ihm das nicht gerade leicht.

"Ich habe zuerst über das Wiedereingliederungs-Programm wieder 20 Stunden zu arbeiten begonnen – jetzt sind es 32 Stunden", erklärt der Diplom-Ingenieur zu "Heute". Da er noch extern ernährt werden musste, hatte er Anfangs Pflegestufe 5. Das wurde allerdings dann auf Stufe 3 reduziert, "nachdem mir der externe Magenzugang entfernt wurde und ich wieder normal schlucken konnte." Das sei für ihn auch nachvollziehbar gewesen.

"Brauche beim Waschen Unterstützung"

Doch bei der Herabsetzung auf Stufe 3 blieb es nicht! "Bei der letzten Einstufung wurde ich auf Pflegestufe 1 reduziert, was aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar ist, da ich außerhalb der Wohnung nach wie vor auf einen Rollstuhl angewiesen bin", ärgert sich der Wiener. Zudem kenne er auch Bezieher mit Pflegestufe 1 – ein Vergleich mit jenen falle ihm aber "schwer".

Und aus der Sicht des Wieners gibt es noch ein Problem: "Durch meine Arbeit bin ich im Kundenkontakt und muss mich entsprechend kleiden. Also Hemd und eine anständige Hose und nicht ein Jogging-Anzug. Doch für das Hemdknöpfen benötige ich Unterstützung, da die Feinmotorik und das Heben der rechten Hand das nicht möglich macht."

Zum Glück sei die Frau von Harald M. aber selbstständig und könne ihn zu den Terminen führen. "Ich bin 90 Prozent behindert und das Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel ist laut Behindertenpass unzumutbar. Auch für das Waschen benötige ich Unterstützung. Vor allem alles, was mit der rechten Hand zu waschen wäre", erklärt der Wiener gegenüber "Heute".

Untersuchung schnell vorbei

Harald M. habe dann über den Rechtsschutz gegen die Herabsetzung Einspruch erhoben, worauf ein Gutachter bestellt wurde. "Meine Frau und ich sind dann zum Gutachter gepilgert. Die Untersuchung hat fünf Minuten gedauert und war nur ein Gespräch, wie es mir im Krankenhaus ergangen war und was ich im Locked-in-Syndrom (Anm. eine seltene neurologische Störung) mitbekommen hätte."

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Es sei auch kein Blutdruck gemessen oder "irgendeine Art der Untersuchung" durchgeführt worden, ärgert sich der Wiener. Der Gutachter sei auch Allgemeinmediziner gewesen und "der Einwand meines Neurologen, dass er die Einstufung nicht nachvollziehen kann, wurde als 'nicht relevant' weggewischt".

"Ich zahle durch meine Arbeit immer einen erheblichen Prozentsatz meines Gehalts an Beiträgen, aber man kommt sich schon 'abgeschasselt' vor. Vor allem fragt man sich, warum man nicht auf wehleidig macht, raunzt und in Invaliditätsrente geht", übt Harald M. an dem Vorgehen Kritik.

Stellungnahme der PVA

Doch was sagt eigentlich die Pensionsversicherungsanstalt zu dem Fall? "Heute" fragte bei der PVA nach und erhielt rasch Antwort. Demnach sei das Pflegegeld von Harald M. neu bemessen und für die weitere Dauer der Pflegebedürftigkeit in Höhe der Stufe 3 anerkannt worden. "Aufgrund einer Wiederbegutachtung wurde mit Bescheid vom 21. Februar 2025 das Pflegegeld auf Stufe 1 herabgesetzt", heißt es gegenüber "Heute".

Gegen diesen Bescheid habe der Wiener dann auch Klage erhoben. "Nach Einholung eines Gutachtens durch einen Gerichtssachverständigen bestätigte das Gericht aufgrund der wesentlichen Besserung des Gesundheitszustandes von Herrn M. funktionsbezogenen Pflegebedarf im Ausmaß von 85 Stunden. Dies entspricht Pflegestufe 1.

Und weiter: "Im Bundespflegegeldgesetz sind unabhängig von der funktionsbezogenen Einstufung diagnosebezogene Mindesteinstufungen vorgesehen. Dies betrifft unter anderem Behinderte, die zur eigenständigen Lebensführung auf den selbständigen Gebrauch eines Rollstuhls angewiesen sind.

"Das empfinde ich als Verhöhnung"

Das Gericht entschied, dass für Harald M. "eine diagnosebezogene Mindesteinstufung in Pflegestufe 3 nicht in Frage kommt, da er im eigenen Wohnbereich nicht auf einen Rollstuhl angewiesen ist, sondern sich mithilfe eines Rollators bzw. durch Anhalten an Einrichtungsgegenständen fortbewegen kann." Aus diesem Grund habe das Arbeits- und Sozialgericht Wien die Klage abgewiesen.

"Das empfinde ich als Verhöhnung!", ärgert sich der Wiener. "Eine Untersuchung, die nur auf Basis eines Gesprächs ist und, dass man ein Hemd mit einer Hand zuknöpfen kann, lasse ich mir gerne vorzeigen", so Harald M. zu "Heute".

{title && {title} } wil, {title && {title} } 16.10.2025, 21:35
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