Kurz vor Weihnachten ist es in Deutschland so weit: Der Drogeriekonzern dm hat nach jahrelangem Ringen seine Online-Apotheke gestartet – und macht bei rezeptfreien Medikamenten mit teils deutlich niedrigeren Preisen Druck. Langfristig zielt dm aber noch weiter: Der Konzern möchte Medikamente irgendwann auch in den Filialen anbieten.
Unter dem Markennamen "dm-med" hat die größte Drogeriekette Deutschlands ihre Versand-Apotheke in Betrieb genommen. Bestellbar sind rezeptfreie Präparate – von leichten Schlafmitteln über Schmerzmittel bis zu Augentropfen oder Hustensäften – und sie können gemeinsam mit Alltagsprodukten wie Windeln oder Waschmittel nach Hause geliefert werden.
Für den Konzern mit mehr als 90.000 Beschäftigten an 4.100 Standorten in Europa ist das eine "Sortimentserweiterung", wie dm mitteilte. "Zum Start konzentrieren wir uns auf nicht-verschreibungspflichtige Medikamente", erklärt dm-Boss Christoph Werner.
In der Preisgestaltung zeigt dm gleich zum Auftakt, wohin die Reise geht: Ein Grippemittel koste 33 Prozent weniger als in der Apotheke vor Ort, bei einer Wundsalbe liege der Preis um ein Viertel darunter.
Vorerst liefert die dm-Online-Apotheke allerdings nur innerhalb Deutschlands. Wer von Österreich aus im deutschen Webshop versucht, die rezeptfreien Medikamente oder andere Produkte zu den günstigeren Preisen zu bestellen, wird automatisch auf die Österreich-Seite weitergeleitet. In diesem heimischen Online-Shop ist das Apotheken-Sortiment derzeit nicht verfügbar – "noch nicht". Denn dm plant, dass Anfang nächsten Jahres auch in Österreich eine Zulassung für die Versandapotheke erfolgen soll, berichtet die "Tiroler Tageszeitung".
Der Hintergrund: Obwohl die EU-Geoblocking-Regeln grenzüberschreitende Bestellungen grundsätzlich ermöglichen sollen, gelten im Pharmabereich strengere Vorgaben. Während in Deutschland und anderen EU-Ländern sogar rezeptpflichtige Medikamente online bestellt werden dürfen, ist das in Österreich strikt untersagt.
Für dm ist der Medikamentenversand außerdem Neuland – und der Start in Deutschland ein Testlauf. Läuft er gut, soll die dm-Versandapotheke "rasch" auch in weitere Länder mit dm-Standorten ausgerollt werden, kündigt dm-Österreich-Chef Harald Bauer an. Man bereite dafür die logistischen und technischen Voraussetzungen vor.
Der Online-Weg ist für den Konzern aber nur eine Zwischenstation. Als langfristiges Ziel nennt dm, rezeptfreie Arzneimittel später auch direkt in den Filialen verkaufen zu wollen. Damit will dm stärker vom Megatrend Gesundheit profitieren.
Der Markt ist groß: Der heimische Pharmamarkt wird mit rund 70 Mrd. Euro beziffert. Im Vorjahr hätten Österreicher Medikamente im Gesamtwert von 246 Millionen Euro im Internet bestellt. Rund 75 Prozent davon würden an ausländische Konzerne wie die niederländische Redcare Pharmacy (Shop-Apotheke) gehen. Das gehe aus einer Studie von Kreutzer Fischer & Partner hervor, erläutert dm-Österreich-Geschäftsführer Harald Bauer.
Widerstand kommt von der Apothekerschaft: Die heimische Apothekenkammer lehnt die dm-Pläne ab. Zudem hatte der Verfassungsgerichtshof 2021 eine dm-Klage abgewiesen. Damit gilt weiterhin klar: Medizinpräparate – ob rezeptfrei oder rezeptpflichtig – bleiben Apotheken vorbehalten. In dm-Filialen wird es daher vorerst keine Schmerzmittel geben. Seit der Liberalisierung 2015 ist der Online-Versand jedoch erlaubt.