Der Run auf Teilzeitjobs – vor allem bei Frauen – bereitet Fachleuten zunehmend Sorgen. Jetzt zeigt ein EU-Vergleich der wirtschaftsnahen Denkfabrik Agenda Austria: Im Vorjahr gingen in Österreich gerade einmal 35 Prozent der Frauen einer Vollzeitbeschäftigung nach. Noch weniger sind es mit 29,1 Prozent nur noch in den Niederlanden.
Zwar steige die Beschäftigung, aber das ganze Wachstum gehe auf das Konto der Teilzeit, kritisiert Agenda-Austria-Ökonomin Carmen Treml. Tatsächlich hätte sich die Zahl der Vollzeitstellen seit 30 Jahren nicht mehr erhöht, obwohl 1,2 Millionen Menschen mehr als damals in Österreich leben, so die Expertin.
Das Argument der Kinderbetreuung lässt Agenda Austria nur eingeschränkt gelten. Ein weitere Auswertung hätte gezeigt, dass auch 49 Prozent der kinderlosen Frauen zwischen 45 und 54 Jahren Teilzeit arbeiten. Bei den 35- bis 44-Jährigen seien es 34 Prozent – Tendenz steigend. "Eine flächendeckende Kinderbetreuung dürfte also nicht die alleinige Lösung sein."
Was in diesem Zusammenhang überrascht: Vor allem Männer ohne Nachwuchs arbeiten häufig in Teilzeit. Konkret liegt die Teilzeitquote bei kinderlosen Männern im Alter zwischen 25 bis 34 Jahren bei 18 Prozent, während Väter hier auf gerade einmal sieben Prozent kommen. In der Gruppe der 35- bis 44-Jährigen sind es 14 Prozent bzw. neun Prozent (Väter).
Für Ökonomin Treml ist Teilzeit jedenfalls vielfach ein "Wohlstandsphänomen". Und sie ist überzeugt: "Wenn Österreich weiterhin ein Wohlfahrtsstaat bleiben will, müssen nicht nur mehr Personen, sondern die auch mehr Stunden arbeiten."
Allerdings müsse sich, so Treml, Mehrarbeit auch auszahlen. "Der österreichische Teilzeitboom gründet vor allem auf der hohen Steuer- und Abgabenlast auf Arbeit", kritisiert die Expertin. Tatsächlich würde das System Mehrarbeit bestrafen, Teilzeit durch steuerliche Anreize fördern.