Man spürt und sieht es in jeder Schule und an jedem Arbeitsplatz: Erkältungen und Co. nehmen Fahrt auf. Diese Woche sind bundesweit mehr als 240.000 Menschen offiziell im Krankenstand. Was aber nicht erhoben wird: Wie viele sind trotz – oft auch ansteckender – Krankheit noch im Dienst.
Eine Studie der Arbeiterkammer(6.506 ausgefüllte Fragebögen) legt offen, was viele nur hinter vorgehaltener Hand sagen: 90 Prozent der befragten Arbeitnehmer sind in der Vergangenheit krank zur Arbeit erschienen. Besonders im Handel sowie im Hotel- und Gastgewerbe ist dieses Verhalten weit verbreitet. Der Grund: Druck, Angst vor Konsequenzen und fehlende Vertretung im Betrieb.
"Präsentismus" – also krank arbeiten – hat sich laut AK zur Norm entwickelt. In Branchen mit engem Personalschlüssel wird das oft stillschweigend erwartet. Der Betrieb läuft weiter, auch wenn die Beschäftigten auf dem Zahnfleisch gehen.
Doch nicht nur das Arbeiten trotz Krankheit ist alarmierend. Fast jede zweite befragte Person (49 Prozent) gab an, im Krankenstand von der eigenen Führungskraft kontaktiert worden zu sein. Bei den unter 30-Jährigen war der Anteil mit 51 Prozent noch höher. Hauptgrund für den Anruf: Wie lange der Krankenstand noch dauern wird (37 Prozent). Aber auch Arbeitsfragen (24 Prozent) werden gestellt – obwohl die Betroffenen offiziell krankgemeldet sind.
Besonders drastisch: Jede zwölfte befragte Person wurde schon einmal im Krankenstand gekündigt – im Hotel- und Gastgewerbe sogar jede siebente. Damit wird klar: Wer krank ist, riskiert nicht nur die eigene Gesundheit, sondern womöglich auch den Job.
Für die Arbeiterkammer Wien steht fest: Hier braucht es klare gesetzliche Spielregeln. Gefordert werden unter anderem ein verbindlicher Kündigungsschutz während des Krankenstands, ein Verbot, krankgemeldete Personen für Homeoffice-Dienste heranzuziehen, und eine gesetzliche Regelung, dass Zeitausgleich während des Krankenstands nicht konsumiert werden darf.