Nach langen Warten ist es so weit – Österreich bekommt eine Regierung. Am Donnerstag präsentierten die Ampel-Chefs Christian Stocker (ÖVP), Andreas Babler (SPÖ) und Beate Meinl-Reisinger (Neos) ihr Arbeitsprogramm "Jetzt das Richtige tun. Für Österreich".
Einer klarer Sparkurs zieht sich durch das 211 Seiten schwere Dokument – der Klimabonus fällt, verschiedene Steuern werden ausgeweitet. Wichtige Maßnahmen sind außerdem unter budgetärem Vorbehalt, werden also nur angegangen, wenn auch die Staatskasse passt. So werden etwa die Lohnkosten erst gesenkt, wenn es auch die Konjunktur zulässt, heißt es im Ampel-Plan.
Wifo-Chef Gabriel Felbermayr ordnete das Arbeitsprogramm Freitagfrüh aus Sicht der Wirtschaft ein. Im Gespräch mit Ö1 betonte er, dass es "gut und richtig" sei, dass endlich eine Regierung steht – "anders wäre es wirtschaftlich teuer" geworden. Zwar würden große Würfe, wie etwa ein völlig umgekrempeltes Mietrecht würden fehlen, trotzdem sei "viel Richtiges" dabei. Dazu zählt er etwa, die Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters.
Das massive Budgetloch zu stopfen und gleichzeitig das volle Programm zu verwirklichen, dürfte für die Ampel aber eine "ganz schwierige" Aufgabe werden. "Da droht in den nächsten Jahre sicher Ungemach, weil man wird sich überlegen müssen, wie man die Lohnnebenkostensenkung finanzieren soll", so Felbermayr. Es geht hier um satte 5,7 Milliarden Euro deren Gegenfinanzierung noch völlig offen ist.
Darüber hinaus werde man auch "deutlich mehr" für die Landesverteidigung ausgeben müssen, Kostenpunkt: 5 bis 6 Milliarden Euro pro Jahr. Außerdem brauche es Veränderungen in Europa, ein "Großteil der Wettbewerbsprobleme" würden laut dem Wifo-Chef in Brüssel gemacht werden. Ein klarer Plan, um die Bürokratie abzubauen, fehle zudem.
Sparen will die neue Regierung vor allem einnahmenseitig. "Der Klimabonus ist wahrscheinlich der größte Brocken" und dessen Abschaffung dürfte auch schnell umsetzbar sein, führte Felbermayr aus. Anders sei es hingegen bei der Bildungskarenz. Hier sei mit einer baldigen Wirkung nicht zu rechnen. Die Bankenabgabe soll ebenfalls "schnell liefern", doch auch hier braucht man Gesetzesbeschlüsse.
"Was mir abgegangen ist in diesen 200-plus Seiten, ist eine klare tabellarische Aufstellung, wie man die 6,3 Milliarden heuer und die 8,7 Milliarden Euro nächstes Jahr tatsächlich hereinbringen will. Es geht jetzt schon auch um einen Kampf gegen die Uhr", betonte der Wifo-Chef.
Ob die Budget-Pläne ausgewogen sind, wollte Felbermayr nicht direkt beantworten: "Ich glaube, man kann klar sagen, dass jetzt, anders als bei Blau-Schwarz, eine sozialdemokratische Handschrift sichtbar ist." Die Abschaffung des Klimabonus werde natürlich eine Belastung für Menschen mit geringeren Einkommen sein, es seien aber ausgleichende Maßnahmen geplant, um die Pendler zu unterstützen.
"Man muss aber auch sagen, dass die Wirtschaft, vor allem Industrie in einer wirklich schwierigen Lage ist. Und wenn man jetzt darüber klagt, dass man da nicht stärker hineingreift und durch höhere Einnahmen die Wirtschaft belastet, dann muss man einfach sehen, dass das in der aktuelle Lage nicht möglich ist", erklärte der Wifo-Chef. Das wäre sogar "massiv kontraproduktiv".
Zu wenig Impulse sieht Felbermayr dabei in Form von steuerlichen Maßnahmen, eine zentrale Rolle werde der Bürokratieabbau sein. Dennoch brauche es Anreize für die Unternehmen. Entscheidend wird auch sein, dass die neue Regierung Zuversicht ausstrahlt. "Zuversicht wäre wichtig, damit wieder investiert und konsumiert wird", so Felbermayr.