In den 1920er-Jahren begann alles glamourös: Das Hotel del Salto wurde als Luxusherberge für die Elite der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá eröffnet. Das Haus war ein Refugium der Oberschicht mit Zuganbindung, luxuriöser Ausstattung und Blick in die Tiefe der Schlucht zum gigantischen Wasserfall als Krönung. Ein Ort, an dem man gesehen werden musste.
Lange war das Haus der ganze Stolz der Region. Doch der schöne Schein bröckelte, denn die naheliegende Hauptstadt wuchs und führte seine Kanalisation in den vorbeirauschenden Fluss, den Río Bogotá.
Der Fluss wurde mit den Jahren immer dreckiger, und die Wasserfontänen, die vom Wasserfall herüberwaberten, hatten den Geruch eines Luftbefeuchters mit Fäkalien-Note. Irgendwann wurde es so unerträglich, dass die Gäste ausblieben. Das Hotel, das einst voller Glanz am Felsen thronte, wurde zur Geisterruine und stand jahrzehntelang bedeutungslos und vermodernd leer.
Zum Niedergang kam noch etwas hinzu, das den Mythos um das Haus bis heute befeuert: Die erschreckend hohe Zahl der Todesfälle rund um das Hotel. Immer wieder stürzten Menschen über die Felskante oder von ihren Balkonen in die Tiefe. Offiziell wurde dies als "Unfall" oder "Betrunkenheit" abgetan, doch die düstere Geschichte des Ortes lässt bis heute Zweifel offen.
Ab den 1990ern begannen die Geistergeschichten zu boomen. Besucher hörten Schritte in leeren Räumen und sahen Schatten.
Das verlassene Hotel wurde online zum Spot für Fotografen und Gruselfans. Zerbrochene Fenster, abgeblätterte Farbe an den Wänden, Moos, das über die Möbel wuchs, Nebel, der mitten im Flur hing, waren Stoff für gruselige Legenden.
Doch statt endgültig zu verrotten, erlebte der Ort ein unerwartetes Comeback. Eine Umweltstiftung übernahm das Gebäude und startete eine umfangreiche Restaurierungsaktion. Heute heißt es Casa Museo Salto de Tequendama – Biodiversidad y Cultura.
Ein Museum, das die gefährdete Biodiversität und die Kulturgeschichte der Region zum Inhalt hat. Dass der Río Bogotá dank der menschlichen Umweltverschmutzung im nahen Ballungsraum immer noch "zum Himmel stinkt", wirkt passend.
Übrigens wird Besuchern geraten, sich Tigerbalsam oder eine Creme mit Eukalyptusöl unter die Nase zu schmieren, um den immer noch verheerenden Geruch besser zu ertragen. Lange hält man es auch heute nicht aus.