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Was der Elefantenrüssel mit Robotern zu tun hat

Forscher der Universität Genf haben entschlüsselt, wie Elefanten ihren Rüssel bewegen. Dieses Wissen könnte im Roboterbau eingesetzt werden.

Sabine Primes
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Massiv und dabei so sanft: der Elefant. 
Massiv und dabei so sanft: der Elefant. 
Getty Images/iStockphoto

Der Rüssel ist das wichtigste Werkzeug des Elefanten. Er dient nicht nur zum Riechen, Essen und Trinken. Auch bei der Kommunikation mit anderen Elefanten, im Kampf und bei der Fortpflanzung kommt der Rüssel zum Einsatz. Dabei hat er keine Knochen, sondern ist stattdessen aus sage und schreibe 40.000 verschiedenen Muskeln aufgebaut. Mit Hilfe zweier als Finger bezeichneter Fortsätze am unteren Ende des Rüssels können Elefanten tasten und fühlen. Mit ihrem Riechorgan greifen die sanften Dickhäuter nach einzelnen Grashalmen und tragen Lasten von bis zu 270 Kilogramm.

Die Genfer Forscher um Michel Milinkovitch, Professor am Departement für Genetik und Evolution, fanden nun heraus, dass Elefanten für die vielfältigen Bewegungen auf einen Baukasten von 17 Grundbewegungen zurückgreifen. "Sie setzen die einzelnen Bausteine so zusammen, dass im Prinzip eine sehr große Zahl von Bewegungen möglich ist", sagt Milinkovitch.

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    <strong>Gewusst?</strong> Bei Menschen gibt es Rechts- und Linkshänder - bei Elefanten Rechts und LinksZÄHNLER. Je nach Gewohnheit nutzt sich immer eine Seite der Stoßzähne mehr ab, als die andere.
    Gewusst? Bei Menschen gibt es Rechts- und Linkshänder - bei Elefanten Rechts und LinksZÄHNLER. Je nach Gewohnheit nutzt sich immer eine Seite der Stoßzähne mehr ab, als die andere.
    Getty Images

    Tiere erhielten Geschicklichkeitsaufgaben

    Für die Studie stellten die Wissenschaftler zwei in Südafrika lebenden Elefantenmännchen eine Reihe von Geschicklichkeitsaufgaben. Sie ließen die Tiere mit deren Rüssel Zylinder, Würfel, Kugeln, Ringe und Kegel aus Holz, Aluminium und Stahl in verschiedenen Größen ergreifen, heben und an einem vorgegebenen Ort ablegen. Während die Elefanten die Aufgaben mit erstaunlicher Kreativität absolvierten und als Belohnung Leckerlis erhielten, zeichneten die Forscher die Bewegungsabläufe der mit Reflektoren bekleideten Rüssel mit Infrarot- und herkömmlichen Kameras auf.

    Sie beobachteten beispielsweise, dass die Elefanten eine leichte Holzscheibe an den Rüssel saugten und so transportierten. Bei einer schweren Metallplatte hingegen diente die Saugkraft dazu, das Objekt in sicherer Position zu halten, während sie ihren Rüssel um die Scheibe wickelten. Eine eigenartige Strategie wandten die Elefanten an, wenn sich das zu greifende Objekt seitlich von ihnen befand: Sie bildeten mit dem Rüssel Knicks zwischen starren Segmenten, die wie durch Gelenke miteinander verbunden schienen. Das Bild glich einem am Ellbogen und Handgelenk gebeugten menschlichem Arm.

    Hier das Video, das die Arbeit zusammenfasst und die Elefanten bei Geschicklichkeitsaufgaben zeigt:

    Verstorbenen Zoo-Elefanten im MRT

    Im Labor in Genf schoben die Forschenden außerdem Rüssel von zwei verstorbenen Zoo-Elefanten in den Computer- und Magnetresonanztomografen (MRT), um die verschiedenen Muskeln sichtbar zu machen. Unter anderem mit diesen und den während der Feldarbeit gewonnen Informationen gelang es ihnen, in Computermodellen die Bewegungen der Rüssel detailliert in 3D nachzubilden.

    Das MRT zeigt die unglaublichen 40.000 Muskeln, die die feinen Bewegungen steuern.&nbsp;
    Das MRT zeigt die unglaublichen 40.000 Muskeln, die die feinen Bewegungen steuern. 
    Screenshot Youtube/ Biomechanics of the elephant trunk / Curr. Biol., Aug. 23, 2021 (Vol. 31, Issue 21)

    Neuer Roboter aus weichem Material

    Diese detailgetreuen Analysen des Elefantenrüssels werden gemäß Milinkovitch in ein Robotik-Projekt fließen. Bisherige Roboter seien außerordentlich gut darin, eine einzige Bewegung auszuführen. Bei neuen Aufgaben kämen die Roboter aber an ihre Grenzen. "Das Ziel wäre es, einen komplett neuen Roboter zu entwickeln, der aus weichen Materialien besteht und verschiedenste Bewegungsabläufe beherrscht", so der Genfer Forscher. Er denkt dabei etwa an einen Roboter, der einer gebrechlichen Personen helfen könnte, nach einer Tasse zu greifen oder sie beim Aufstehen zu unterstützen.