Enorme Milliardenlast

Wien bezieht fast drei Viertel der gesamten Sozialhilfe

Wien ist das Zentrum der Sozialhilfe: Mehr als 142.000 Bezieher, über eine Milliarde Euro Kosten – die Politik reagiert mit einer Reform.
Christoph Weichsler
27.09.2025, 20:23
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In der Bundeshauptstadt ist die Zahl der Bezieher mit Abstand am höchsten. Im Jahr 2023 erhielten laut APA 142.001 Menschen in Wien Sozialhilfe, das bedeutet Kosten von 807 Millionen Euro. Damit stemmt Wien fast drei Viertel der österreichweiten Gesamtausgaben von 1,1 Milliarden Euro. Kein anderes Bundesland kommt auch nur annähernd an diese Größenordnung heran.

Zum Vergleich: In der Steiermark lebten 14.368 Sozialhilfe-Bezieher, dort fielen 80 Millionen Euro an. Niederösterreich zahlte für 11.315 Betroffene rund 57 Millionen. Am unteren Ende der Skala liegt das Burgenland mit 1.692 Beziehern und Ausgaben von nur neun Millionen Euro. Das zeigt: Die Sozialhilfe ist vor allem ein Wiener Thema.

Reform ab 2027

Die Bundesregierung plant nun eine große Neuordnung. Unter dem Titel "Sozialhilfe NEU" wollen ÖVP, SPÖ und NEOS strengere Regeln für Zuwanderer einführen. Dazu gehört eine Wartefrist mit geringeren Leistungen, bevor Anspruch auf den vollen Betrag besteht. Gleichzeitig soll ein stärkerer Fokus auf Kinder gelegt werden, um Armut in Familien besser abzufedern.

Noch sind viele Details offen, die Grundzüge stehen jedoch fest. Die Reform gilt als einer der größten Brocken im Regierungsprogramm und soll Anfang 2027 starten. Bevor es so weit ist, müssen die Länder eingebunden werden – sie sind für die konkrete Umsetzung zuständig und verfügen heute über unterschiedliche Systeme.

Wer hat Anspruch?

Anspruch auf Sozialhilfe haben in erster Linie Österreicher. EU-Bürger müssen entweder arbeiten oder schon länger als fünf Jahre in Österreich leben, um unbeschränkt Leistungen zu erhalten. Drittstaatsangehörige haben ebenfalls erst nach fünf Jahren Aufenthalt Anspruch. Asylberechtigte können sofort Sozialhilfe beziehen, Asylwerber hingegen bleiben ausgeschlossen und sind auf die niedrigere Grundversorgung angewiesen.

Diese Regeln sind seit Jahren politisch umstritten. Während die ÖVP einen möglichst restriktiven Zugang fordert, will die SPÖ Kinder und Familien stärker absichern. NEOS wiederum pochen auf ein einheitliches, transparentes System. Klar ist: Wer Anspruch hat, wird nicht überall gleich behandelt – Wien hat bisher nur Teile des Grundsatzgesetzes umgesetzt, Tirol arbeitet noch mit den alten Mindestsicherungsgesetzen.

Wie viel gibt es?

Die Höhe der Leistungen ist im Gesetz klar geregelt. Alleinstehende und Alleinerziehende bekommen derzeit maximal 1.209 Euro im Monat, Paare zusammen 1.693 Euro. Zusätzlich gibt es Zuschläge für Kinder, deren Höhe die Bundesländer selbst festlegen können. Wien zahlt mit 326 Euro pro Kind am meisten, Vorarlberg mit 232 Euro am wenigsten.

Im Durchschnitt erhielt eine Bedarfsgemeinschaft in Österreich im Jahr 2023 monatlich 802 Euro. Dabei gibt es große Unterschiede: Während in Vorarlberg die höchsten Leistungen gezahlt werden (921 Euro), liegt das Burgenland am unteren Ende mit nur 671 Euro. Damit zeigt sich auch regional, wie stark die Ausgestaltung variiert.

Wer lebt davon?

Nur ein kleiner Teil der Betroffenen lebt ausschließlich von der Sozialhilfe. Rund 27 Prozent haben kein weiteres Einkommen und sind vollständig darauf angewiesen. Die Mehrheit von 73 Prozent stockt andere kleine Einnahmen wie Arbeitslosengeld, Teilzeitjobs oder Unterhalt auf. Ohne die Sozialhilfe könnten sie ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten.

Auch die Arbeitsmarkt-Situation der Bezieher ist sehr unterschiedlich. Mehr als die Hälfte ist nicht vermittelbar, weil es sich um Kinder, Pensionisten oder Menschen in Ausbildung handelt. 36,5 Prozent sind aktiv auf Jobsuche, 8,5 Prozent haben zwar eine Beschäftigung, verdienen jedoch so wenig, dass sie zusätzlich Sozialhilfe brauchen.

Vermögen und Grenzen

Bevor Leistungen fließen, müssen vorhandene Ersparnisse eingesetzt werden. Nicht betroffen sind jedoch Hausrat, beruflich notwendige Fahrzeuge oder ein sogenanntes Schonvermögen von derzeit 7.254 Euro. Auch Eigentumswohnungen oder Häuser müssen nicht verkauft werden, wenn sie dem eigenen Wohnbedarf dienen.

Darüber hinaus gibt es eine Deckelung der Gesamtleistung. Erwachsene, die in einer Haushaltsgemeinschaft zusammenleben, dürfen zusammen maximal 2.116 Euro pro Monat erhalten. Für Familien mit Kindern gilt diese Grenze nicht – hier bleibt der tatsächliche Bedarf ausschlaggebend.

{title && {title} } CW, {title && {title} } 27.09.2025, 20:23
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