Am niederösterreichischen Truppenübungsplatz Allentsteig trainiert die neutrale Schweiz noch bis in den Mai hinein den Ernstfall eines Angriffs einer ausländischen Macht. Auch für Österreich sind die Zeiten der Friedensdividende endgültig passé. Das kaputtgesparte Bundesheer rüstet deutlich auf, um für seine Kernaufgabe gewappnet zu sein: die Landesverteidigung.
Doch gegen wen? Unsere Alpenrepublik muss wohl keinen direkten konventionellen Überfall wie in der Ukraine fürchten, könnte aber dennoch zum Ziel werden – Neutralität hin oder her!
"In der aktuellen Bedrohungslage ist Österreich kein Frontstaat. Aber wir sind im Herzen Europas und durch unser Staatsgebiet laufen einige der wichtigsten Transitrouten", mahnt der Kommandant der Landstreitkräfte des Bundesheers, Generalleutnant Martin Dorfer, in einem Interview mit den "Salzburger Nachrichten" mit Blick auf die kritische Infrastruktur des europäischen Gas- und Stromnetzes. Heißt: "Wir müssen mit einem Angriff auf unser Staatsgebiet rechnen".
Statt einer Invasionsarmee könnten dabei Spezialkräfte, Terroristen oder auch das organisierte Verbrechen im Auftrag eines verfeindeten Staates zum Einsatz kommen. "Das ist durchaus ein realistisches Szenario", sagt Dorfer.
Österreich wäre in so einem Fall nicht völlig auf sich alleine gestellt, auf Hilfe der NATO könnten wir aber nicht bauen. Das Verteidigungsbündnis ist uns gegenüber zu nichts verpflichtet. Das hat auch reale Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Bundesheeres. Während sich NATO-Mitglieder auf einzelne Aufgaben spezialisieren und gegenseitig komplementieren können, muss Österreich, wie auch die Schweiz, mit dem eigenen Budget "die ganze Bandbreite militärischer Fähigkeiten selbst abdecken".
Dafür fehlen derzeit aber noch "elementare Bausteine" wie die Luftverteidigung, diese sei aus Kostengründen stark vernachlässigt worden. Bei seinen Landstreitkräften beklagt der General Lücken in der Mobilität, im Schutz, der Wirkung und auch der Durchhaltefähigkeit. Das soll der Aufbauplan 2032 ändern und das Bundesheer wieder einsatzbereit machen.
Schon jetzt habe er die Ausbildung der Rekruten völlig umgestellt. Sie werden nun wieder in Verbänden über die vollen sechs Monate hinweg militärisch ausgebildet. "Das ist eine Reaktion auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die globale Sicherheitslage", erklärt Dorfer.
Seine Ansage ist klar: "Wir als Bundesheer müssen unsere Aufgabe erfüllen, indem wir wieder üben und sichtbar machen, dass wir das können. Damit ein möglicher Aggressor sagt: 'Na, okay, die sind zwar nicht so viele, aber die können was. Das mit Österreich, das tue ich mir nicht an'".
Der Top-Offizier schließt mit eindringlichen Worten: "Keiner von uns will in einen Krieg ziehen. Wir Militärs sind die Letzten, die das wollen. Das Schlimmste ist, einen Soldaten oder eine Soldatin zu verlieren. Daher müssen wir das Militär glaubwürdig machen. Damit es erst gar nicht so weit kommt."