Brisantes Urteil

Wirklich wahr: Wann in Österreich die Scharia gilt

Zwei Geschäftsleute wollten vertragliche Streitigkeiten auf Basis der Scharia entscheiden lassen. Das geht, hat das Landesgericht Wien nun bestätigt.
Leo Stempfl
18.08.2025, 19:30
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Ein brisantes Urteil des Wiener Landesgerichts für Zivilrechtssachen sorgt derzeit für Aufsehen. Demnach kann in Österreich bei Streitigkeiten das Recht der Scharia gelten – "Heute" berichtete. Die Empörung über den Spruch ist groß, für die FPÖ ist es ein "absoluter Wahnsinn". Fakt ist und bleibt jedoch: Die österreichische Justiz buckelt nicht vor der Scharia.

Doch was steht nun genau in dem Aufreger-Urteil?

Vertragspartner einigten sich auf Scharia-Regeln

Dazu muss man vorneweg wissen, dass es sich im konkreten Fall um eine reine Vertragsstreitigkeit zwischen zwei Personen handelt. Diese fassten untereinander eine weitreichende Vereinbarung. Sie einigten sich darauf, dass eine bestimmte Person (Mag. E*) "alle Streitigkeiten, die entstanden sind und/oder künftig zum Zusammenhang mit Verträgen entstehen" entscheiden soll.

Und diese Entscheidung treffen soll er "anhand der islamischen Rechtsvorschriften (Ahlus-Sunnah wal-Jamaah) nach Billigkeit in der Sache nach bestem Wissen und Gewissen" treffen. Als eine der Beiden dann zur Zahlung von 320.000 Euro angewiesen wurde, zweifelte er plötzlich das selbst vereinbarte Schiedsgericht und dessen Entscheidung auf Basis der Scharia an.

Nur Entscheidung ist wichtig, nicht der Weg dahin

Das geht, denn laut österreichischem Recht kann jeder vermögensrechtliche Anspruch Gegenstand einer Schiedsvereinbarung sein. Und dieses Schiedsgericht (im konkreten Fall Mag. E*) entscheidet auf Basis von zuvor vereinbarten Rechtsregeln, hier ist das die Scharia. Aufzuheben wäre ein Schiedsspruch nur, wenn er Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung widerspricht.

Genau das hatte das Landesgericht letztlich zu untersuchen. Weil durch diese Bestimmung die österreichische Rechtsordnung vor einer "unerträglichen Verletzung tragender Grundwertungen" geschützt werden soll, ist nur das Ergebnis des Schiedsspruchs wichtig – und nicht dessen Begründung bzw. die Entscheidung als Gesamtes.

Eine Ausnahme wäre nur denkbar, wenn das Schiedsgericht völlig willkürlich entschieden hätte – Hinweise dafür gibt es im konkreten Fall nicht und wurden auch nicht behauptet.

Bei der Scharia handelt es sich außerdem klar um ein System von Handlungsanordnungen und somit um Rechtsregeln, die wirksam vereinbart werden können. Es gab deshalb keinen Grund für das Landesgericht, den Schiedsspruch aufzuheben.

Zusammenfassend lässt sich ableiten:

  • Die islamischen Rechtsvorschriften (Scharia) sind gültige Rechtsregeln und können für vermögensrechtliche Ansprüche in einer Schiedsvereinbarung wirksam vereinbart werden.
  • Unabhängig davon, ob Bestimmungen des islamischen Rechts gegen Grundwerte verstoßen, ist nur zu prüfen, ob das Ergebnis des Schiedsspruchs gegen diese verstößt.

Scharia-Anspruch auf 1 Kilo Gold scheiterte

Abseits davon können Bestimmungen der Scharia in Österreich oft auch gar nicht rechtlich durchgesetzt werden. Erst vergangenes Jahr musste der OGH über einen Fall entscheiden, bei der eine Frau einen Mann heiratete, weil er ihr als Brautgabe ein Kilo Gold versprach.

Als es 24 Jahre später zur Scheidung kam und die Frau das Gold verlangte, wurde die damals getroffene Vereinbarung nach islamischem Recht für ungültig erklärt, weil es dafür in Österreich einen Notariatsakt gebraucht hätte.

{title && {title} } leo, {title && {title} } Akt. 19.08.2025, 08:09, 18.08.2025, 19:30
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