Haustiere

Zoophilie - Wenn "Tierliebe" auch Sex beinhaltet

Sex mit Tieren ist in unserer Gesellschaft zwar verboten, wird jedoch weitaus öfter praktiziert als angenommen. Hierbei spricht man von "Zoophilie".

Christine Kaltenecker
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Über Youtube erlangte der Fachbegriff "Zoophilie" wieder an Bedeutung.
Über Youtube erlangte der Fachbegriff "Zoophilie" wieder an Bedeutung.
Screenshot Youtube©Leeroy wills wissen

Im YouTube-Kanal "Leeroy will's wissen" werden bereits seit Jahren erfolgreich diverseste Themen behandelt und dazu Interviews mit Betroffenen geführt. Im Juli 2021 kam es allerdings zu einem illegalen Thema, wo zwei deutsche Männer - einer davon maskiert - darüber sprachen, wie es ist, Sex mit dem eigenen Hund zu haben. Hierbei spricht man von "Zoophilie" - dem sexuellen oder romantischen Interesse an Tieren. "Heute" sprach hierzu sehr ausführlich mit zwei Experten: Dr. Edmund Hafenbeck (PETA, Tierrechtsorganisation) und Dr. Birgit U. Stetina (klinische Psychologin, Sigmund Freud Universität Wien).

Bevor wir allerdings zu den Interviews kommen, gibt es drei wichtige Eckpunkte die man im Vorfeld wissen sollte:

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Zoophilie gab es schon immer

Wer jetzt der Meinung ist, dass es sich hier um ein Verhalten der "Neuzeit" handelt und gerne das Internet dafür verantwortlich machen wird, ist auf dem Holzweg. Der berühmte Sexualtherapeut Alfred Kinsey berichtete bereits in den 50er Jahren innerhalb seiner Studien von der erschreckend hohen Dunkelziffer und gab an, dass 70 Prozent (!) der männlichen Landesbevölkerung in Amerika zumindest einen sexuellen Höhepunkt mit einem Tier erlebte.

Zoophilie reiht sich aus psychologischer Sicht in die Gruppe der "Paraphilie" ein, die sich mit sexuell-motivierten, menschlichen Antrieben beschäftigt, die von der Norm abweichen, wie beispielsweise Pädophilie, Sadomasochismus und Exhibitionismus. Natürlich gibt es hier auch Vorlieben, die durchaus in einer Gesellschaft toleriert werden können, da sie keinem anderen Lebewesen oder Menschen Schaden zufügen. Zoophilie gehört allerdings nicht dazu, da kein Tier jemals sein Einverständnis hierzu geben kann.

Es kommt - egal auf welchem Kontinent - zu einem Stadt-Land-Gefälle. Dies liegt aber nicht an den Menschen per se, sondern an der Verfügbarkeit. Am Land gibt es eben wesentlich mehr Tiere.

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Zumindest drei Gruppen

Zoophilie kann gemäß einer veröffentlichten Studie aus 2020 unter der Leitung von Frau Dr. Birgit U. Stetina in sieben Kategorien unterteilt werden, basierend auf den Überlegungen von Anil Aggrawal (Dozent, Indien), welcher sich bereits 2011 mit den am häufigsten beobachteten zoophilen Verhaltensweisen beschäftigte. Wir zählen hier die drei wichtigsten Kategorien auf: 

Nur ein kleiner Prozentsatz der Zoophilisten ist Gewalt- und Machtmotiviert. Personen, die in diese Kategorie fallen, vergehen sich sexuell an Tieren, quälen und verletzten sie aus einem egoistischen Interesse heraus. Diese Gruppe selbst hat selten Haustiere, da man sich ja um sie kümmern müsste und nutzen gerne das Dark-Net um dubiose Tierbordelle aufzusuchen oder den "Sex-Hund" zu mieten.

Andere zoophile Menschen gehen mit ihrem Hund, oder Schaf (diese zwei Tiergruppen werden "bevorzugt") eine "Liebesbeziehung" ein, wonach Aussagen der Probanden zufolge, einfach Sex "dazugehöre". Laut Psychologin Dr. Stetina handelt es sich hier um Menschen, die oft gar nicht imstande sind, bei einer Frau oder einem Mann sexuelle Erregung zu empfinden und sich aus diesem Grund voll und ganz auf die Mensch-Tier Beziehung konzentrieren.

Eine weitere Gruppe bildet sozusagen das Bindeglied zwischen "Liebe" und "Gewalt" und beschäftigt sich hauptsächlich mit Männern, die Schwierigkeiten haben einen Partner zu finden und ihre sexuellen Triebe daher anders kanalisieren.

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VERBOTEN!

"Zoophilie", also sexuelle Handlungen mit oder an Tieren, ist beinahe in jedem Land verboten. Auch wenn sich das Strafmaß unterscheidet, haben Tierschützer weltweit dafür gesorgt, dass dieser Passus zumindest im jeweiligen Tierschutzgesetz aufscheint. Immer wieder jedoch kämpfen zoophile Menschen für eine Legalisierung - zuletzt mit dem Verein "ZETA" in Deutschland. Auch in dem genannten Video sprechen die zwei Männer darüber, Sex mit Tieren doch endlich zu erlauben, schließlich sei man ja gegenüber anderen Dingen ebenso tolerant.

Unsere zwei Experten sind sich in sehr vielen Dingen einig, haben aber unterschiedliche Betrachtungsweisen.

Tierschutz steht an erster Stelle

Es gibt natürlich einen Grund, warum Zoophilie niemals in Ordnung sein kann. Unabhängig von sozialen Schichten, Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung gibt es hier KEIN Alleinstellungsmerkmal, wo man wedelnd den Zeigefinger heben könnte, um eine besondere Gruppe an den Pranger zu stellen. "Hier kann man wirklich Vergleiche zur Pädophilie stellen", so Dr. Hafenbeck und erklärt weiter, weshalb es vergleichsweise oft vorkommt: "Während Kinder - hoffentlich - irgendwann in der Lage sein werden, darüber zu sprechen, bleibt das Haustier stumm". Auf unsere Frage, weshalb sich hier denn der gequälte Hund nicht wehrt, bekamen wir von beiden Experten dieselbe Antwort: "Die ersten paar Male wird er sich vermutlich versuchen zu wehren, aber es dauert nicht lange bis ein Hund auf den Geschlechtsverkehr mit dem Herrchen konditioniert ist und es über sich ergehen lässt", erklärt Hafenbeck.

Ein Geheimnis

Es bleibt auch deshalb so lange unentdeckt, da es aus tierärztlicher Sicht kaum festzustellen ist. Obwohl auch bei sehr großen Hunden anatomisch immer schmerzvoll, ist die Konstitution eines Hundes dem Menschen weit voraus: Wunden heilen schneller und die Schmerzresistenz ist weitaus höher. Wenn ein zoophiler Mensch mit seinem Hund also nicht direkt nach dem Akt zum Tierarzt marschiert, bleibt das Verbrechen ein Geheimnis zwischen Täter und Opfer.

Männer und Frauen?

Ja, es gibt zoophile Menschen beiderlei Geschlechts. Als ein "passiver Part" werden Frauen jedoch - fälschlicherweise - eher belächelt, obwohl sie oft körperliche Qualen - bishin zu Todesfällen - bei der Ausübung von zoophilen Verhaltensweisen leiden. Wie viele Frauen würden wohl die Penetration eines Pferdes oder Esels überleben? Im "kleineren" Ausmaß gibt es auch Frauen, die den Hund auf Oralverkehr konditionieren, indem sie sich schmackhafte Pasten auf die Scham schmieren, was nicht weniger verwerflich ist und ebenso unter Missbrauch fällt.

Dunkelziffer ist erschreckend

Hafenbeck geht in Deutschland von etwa 15.000 praktizierenden Zoophilisten aus. Die Psychologin Birgit Stetina von einer weitaus höheren Dunkelziffer. "Zoophile Menschen sind komplett unauffällig. Es gibt hier keine besonderen Signale auf die man achten könnte oder offensichtlichen Tiermissbrauch. Meistens ist sogar das Gegenteil der Fall und solche Menschen knuddeln und herzen ihre Tiere in der Öffentlichkeit, dass man nie auf die Idee kommen könnte, dass diese Veranlagung in ihnen schlummert", sagt Stetina.

"Man darf nicht vergessen, dass der Großteil überhaupt nicht davon ausgeht, dem Tier hier Schaden zuzufügen, denn durch die Konditionierung scheint die Hunde-Halter-Bindung nicht getrübt", erklärt sie weiter. Die "Liebes-Zoophilisten" lehnen auch die "Gewalt-Zoophilisten" strikt ab und würden ihrem Tier bewusst nicht schaden wollen. Wodurch solche Vorlieben jedoch entstehen, ist noch nicht gänzlich erforscht. Die Psychologin spricht hier von einem "biopsychosozialen" Prozess, welcher bedeutet dass die Kombination aus drei Faktoren solch eine Störung auslösen kann:

"Biopsychosozial" erklärt sich folgendermaßen:
- BIO = Körper, Genetik, Hormone...;
- PSYCHO = Gedanken, Gefühle, Verhalten..;
- SOZIAL = Familie, Erziehung, Umfeld, Kultur...;

Wie geht man damit um?

Während Hafenbeck davon ausgeht, dass solche Menschen nicht therapierbar sind, ist Stetina einer anderen Auffassung: "Sofern ein Betroffener zu der ehrlichen Überzeugung kommt, dies nicht mehr machen zu wollen begibt man sich zwar auf eine lange, lange Reise zur 'Genesung', kann aber versuchen den sexuellen Trieb auf etwas anderes zu richten". Der Schlüssel sei jedoch, mit den Betroffenen gemeinsam Sichtweisen zu erarbeiten, welche eine Alternative für die häufig wahrgenommene "ultimative Realitiät" darstellen. Dies sei die beste Grundlage für erfolgreiche Veränderungen. 

"Das Thema muss - wie auch Pädophilie - enttabuisiert und Menschen müssen wachgerüttelt werden. Viele wissen gar nicht, was das ist - maximal aus dem Fernsehen, wo es in Komödien humoristisch verpackt, sogar belächelt wird", so die Psychologin.