Die ersten Sommertage hat die Schweiz dieses Jahr bereits Anfang Mai hinter sich, die Temperaturen lagen zwischen 27 und 30 Grad. Doch was für viele Menschen eine Freude ist, wird für die Schülerinnen und Schüler des Berufsbildungszentrums Weinfelden im Thurgau zur Tortur: Denn in einem der Gebäude steigt die Raumtemperatur teils auf bis zu 40 Grad – und das schon, sobald es draußen mehrere Tage am Stück über 20 Grad hat.
Einer von ihnen ist Manuel Furrer (16). Er ist im ersten Jahr seiner Ausbildung als Fachmann Gesundheit. Im vergangenen Sommer erlebte er den Hitzestau in den Schulzimmern das erste Mal mit. "Ein Kollege hatte mich schon vorgewarnt, ich dachte damals noch, er übertreibt." Doch schnell habe er dann gemerkt: Die Situation ist wirklich so katastrophal wie beschrieben.
Im Moment graut es ihm schon vor den warmen Monaten, die noch vor ihm liegen. "Es braucht nur ein paar wärmere Tage, dann wird es hier in der Schule unerträglich", berichtet Manuel. Die Hitze führe dazu, dass sich ein beißender, unangenehmer Geruch in den Zimmern ausbreite. "Normales Lernen und Arbeiten ist dann schlichtweg unmöglich."
Auch seine Mitschüler und die Lehrer würden unter der Situation leiden. "Letzten Sommer sind manche Schüler fast zusammengebrochen. Die Lehrer klagen über Kopfschmerzen und Kreislaufprobleme." Trotz dieser laut Manuel unerträglichen Zustände werde das Problem nicht angegangen: "Der Kanton Thurgau weigert sich, eine vernünftige Lösung zu finanzieren. Stattdessen wurden uns zwei alte, klapprige Ventilatoren zur Verfügung gestellt, die kaum mehr als heiße Luft verteilen." Furrer nennt das "eine Farce".
Die Schule selbst bestätigt die Schilderungen von Manuel. "Das Problem mit dem Altbau besteht seit vielen Jahren", heißt es auf eine Anfrage. Im Zuge der fortschreitenden Klimakrise habe sich die Situation in den letzten Jahren verschlechtert. "Die Fassade des Gebäudes, die nach Süden ausgerichtet ist, sowie das Flachdach verschärfen die Situation nochmals." Auch nachts kühlen sich die Unterrichtsräume kaum ab.
Da das Problem schon länger besteht, habe man das Gebäude bereits Anfang der 2000er-Jahre umfassend renoviert und mit Kühlgeräten ausgestattet. Doch auch diese seien mittlerweile zu schwach, um die stetig steigenden Temperaturen und Hitzewellen abzupuffern. "Die Schulleitung hat deswegen vor fünf Jahren zwei Ventilatoren installiert. Außerdem wird darauf geachtet, die Schüler nach Möglichkeit in den umliegenden Schulhäusern zu unterrichten."
Doch diese Maßnahmen sind ein Tropfen auf den heißen Stein, das weiß auch die Schule. Deswegen sei ein Neubau auf Dauer unumgänglich. "Dieser ist für 2031 geplant, aktuell läuft noch die Ausschreibung", heißt es. Auch das Hochbauamt des Kantons Thurgau bestätigt auf Anfrage die laufende Ausschreibung. "Eine Investitionssumme von rund 110 Millionen Franken ist dafür angesetzt", so Kantonsbaumeister Roland Ledergerber.
Im kommenden Herbst werde dann entschieden, wer den Zuschlag für das Projekt erhalte, danach erfolge die Realisierung. "Letztlich stehen die Sanierungen und Erweiterungen aber unter dem Vorbehalt der politischen Freigabe der Mittel", sagt Ledergerber. Die finanzielle Lage des Kantons beschreibt er insgesamt als "angespannt".
Klar ist: Bis das Gebäude abgerissen wird und ein Neubau steht, werden noch viele Jahre vergehen. Auch deswegen versucht man aktuell, mit kurzfristigen Maßnahmen die Situation unter Kontrolle zu bekommen. Eine Begrünung des Flachdachs ist eine davon. "Durch die Verdunstung könnte man Kühlleistung erzielen", so der Kantonsbaumeister. Bis dahin müssten die Regeln zum Lüften konsequent eingehalten werden.
Für Manuel ist das alles ein schwacher Trost. Bis der Neubau steht, wird er seine Ausbildung am Berufsfachschulzentrum schon lange abgeschlossen haben. "Schade, dass wir das nicht mehr erleben dürfen. Aber ich möchte, dass die nächsten Lernenden sich wieder auf den Sommer freuen können und dafür setze ich mich gerne ein."