Bewegendes Schicksal, das erst jetzt – acht Monate danach – publik wird. Lothild Weyrer beschreibt ihre dramatische Rettung aus dem Jahrhundert-Hochwasser.
„Ich bin dann aus dem Schlafzimmerfenster ins Hochwasser gesprungen, von dort hat ein Hubschrauber mich gerettet. Das war mein schönstes Geschenk zum 80. Geburtstag.“Lothild Weyrer
Die 80-jährige Frau aus dem Katastrophenort Haunoldstein (NÖ, Bezirk St. Pölten) erzählt "Heute" im Interview von ihrer spektakulären Hubschrauber-Rettung und wie die Caritas ihr und Tausenden weiteren Hilfsbedürftigen den rettenden Strohhalm reichte.
15. September 2024, Sonntagmorgen, Bezirk St. Pölten. In Haunoldstein trat die Pielach in der Nacht über die Ufer. Lothild Weyrer war mitten im Geschehen, ihr Haus steht 30 Meter vom Bach entfernt.
"Am Samstagabend bin ich noch in den Keller gegangen, da es ja gar nicht mehr zu regnen aufhören wollte, da habe ich schon gesehen, dass das Grundwasser eindringt", erinnert sich die 80-Jährige. Am Sonntagmorgen fiel der Strom aus, das Wasser stieg schnell.
Im Gespräch mit "Heute" erzählt die 80-Jährige, sie sei am Sonntag aufgewacht und ihr Strom war ausgefallen. In der Früh reichte das Wasser schon bis zur Auffahrt. Eine Nachbarin wohnte oben am Berg, im Telefonat erzählte sie Weyrer, sie hätte noch Strom.
"Da hab ich schnell, schnell meine wichtigsten Habseligkeiten zusammengesammelt und in einen Rucksack gepackt. Aber als ich dann loswollte, war es gar nicht mehr möglich. Ich wohne gleich beim Wald, da hat es gekracht, Bäume sind umgefallen. Da bin ich wieder zurück, da rennt man um mein Leben. Wir waren eingekesselt."
Weyrer beschreibt im "Heute"-Gespräch ausführlich ihre spektakuläre Rettung: "Sowas hat es noch nie gegeben. Man konnte dem Wasser beim Steigen zuschauen. Zu Mittag stand das Wasser bei der ersten, zweiten, dritten Stufe. Bis zum Nachmittag ging es bis zum Fensterbrett rauf."
Am Nachmittag rief die 80-Jährige bei der Feuerwehr an, "Da bin ich beim Küchentisch gesessen und war schon bis zur Tischplatte im Wasser. Ich hab noch geschaut, dass ich alle wichtigen Gegenstände aus den Schränken nach oben bringe, dann hab ich überlegt, wie ich aus meinem Haus rauskomme. Ich bin dann aus dem Schlafzimmerfenster ins Hochwasser gesprungen, von dort hat ein Hubschrauber mich gerettet."
Der Haunoldsteinerin wäre bei der Rettung nicht kalt gewesen, noch hatte sie Angst. Sie sagt, die Rettung ging blitzschnell, "nach zwei Minuten war ich gerettet. Die Rettung war mein schönstes Geschenk zum 80. Geburtstag!"
Mit dem Helikopter wurde sie in ein Gasthaus zu anderen Hochwasser-Betroffenen geflogen, die gemeinsam ausharrten. Die Nacht verbrachte die Pensionistin bei einer Bekannten, die fünf darauffolgenden Wochen konnte sie bei ihrer Schwester wohnen. Die Aufräumarbeiten in Weyrers Haus gestalteten sich als mühsam, doch Aufgeben war keine Option.
"Wir haben alles renoviert, wir haben alle Böden rausgerissen bis auf das Badezimmer. Fünf Entfeuchtungsgeräte sind hier gelaufen, ich hab zum Glück jetzt gar keinen Schimmel. Im Haus müssen wir noch eine Tür renovieren und ich muss das Auto richten lassen, sonst sind alle Arbeiten abgeschlossen", zeigt Weyrer sich dankbar.
Die Nachbarschaft hielt in Zeiten der Katastrophe noch enger zusammen. "Alle sind gekommen und haben mir geholfen. Im Haus sind ja 40 Zentimeter Wasser gestanden. Wir mussten die Küche echt ausgraben, da stand das Hochwasser 60 Zentimeter. Der ganze Schutt ist liegengeblieben."
Nach ihrer Rettung gab es eine erste Besprechung mit der Caritas, dabei wurden erste finanzielle Unterstützungen organisiert.
"Ich hab noch mehr angeboten bekommen, aber da gibt es Leute, die brauchen es notwendiger. Ich bin der Mensch, ich gebe mehr als ich nehme. Beim Begräbnis meines Mannes zum Beispiel, da hab ich Geld gespendet und das dann alles der Caritas gespendet. Aber so bin ich halt."
Für Betroffene des Jahrhundert-Hochwassers in Niederösterreich richtete die Caritas 35 Akuthilfebüros in betroffenen Gemeinden ein – das geht aus dem aktuell erschienenen Jahresbericht hervor. "Wo Krise ist, ist auch Hilfe – das hat die Caritas im vergangenen Jahr zeigen können", sagt Generalsekretär Christoph Riedl.
Fast 19.000 Kontakte hat es laut Jahresbericht in der Sozialberatung gegeben. Hier half die Caritas-Beratung Menschen in sozialen und finanziellen Notlagen. Riedl fasst zusammen: "Die Hilfsbereitschaft der Menschen in Niederösterreich ist großartig."