Tierischer Krankenflügel

Bei diesen Tieren steckt sich bei Krankheit keiner an

Ameisen passen bei Krankheit nicht nur ihr Verhalten, sondern auch die Architektur ihrer Nester zum Schutz der Kolonie an.
Heute Tierisch
17.10.2025, 09:14
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Seit der Corona-Zeit wissen wir: Wenn wir Abstand halten, kann sich eine Krankheit nicht so leicht ausbreiten. Wir waren alle in Quarantäne, haben uns aus dem Weg gegangen und auch der öffentliche Raum hat sich verändert. In Geschäften und Büros standen plötzlich Plexiglaswände, im Kino oder Theater gab es weniger Plätze. Gesunde und kranke Menschen sollten möglichst wenig Kontakt haben – das war das Ziel.

Ganz ähnlich läuft das auch bei den Ameisen ab. Wie Forscher berichten, ändern diese Tiere ihr Verhalten, sobald eine Krankheit in ihrer Kolonie auftaucht. "Wir wissen aus früheren Untersuchungen, dass Ameisen ihr soziales Verhalten ändern, sobald sich eine Krankheit in ihrer Kolonie ausbreitet", sagt der Epidemiologe Luke Leckie im Gespräch mit dem ORF. Kranke Ameisen gehen öfter nach draußen und meiden das Nest – sie isolieren sich also von selbst. Die gesunden Ameisen halten Abstand zu den Kranken, wenn es geht.

Im Zuge seiner Doktorarbeit an der Uni Bristol wollte Leckie herausfinden, ob Ameisen noch einen Schritt weiter gehen und sogar ihr Nest umbauen, wenn eine Krankheit ausbricht. "Wir hatten die Hypothese, dass sie ihre Nester aktiv umgestalten, um den Krankheitsdruck zu verringern – ähnlich wie auch Menschen ihren öffentlichen Raum anpassen."

„Die Schwarze Wegameise ist auch bekannt für ihr komplexes Sozialverhalten und ihre Fähigkeit, auf Umweltveränderungen zu reagieren“

Gemeinsam mit seinem Team hat Leckie die Schwarze Wegameise (Lasius niger) untersucht. Diese Art ist weit verbreitet, gut erforscht und eignet sich daher perfekt für solche Experimente. Die Nester lassen sich im Labor gut nachbauen, was die Versuche erleichtert.

Die Forscher haben verschiedene Ameisengruppen in künstlichen Nestern beobachtet. Ein Teil der Tiere wurde einem Pilz (Metarhizium brunneum) ausgesetzt, der die Ameisen infiziert und schnell tötet. Auf toten Ameisen wachsen dann neue Pilzsporen, die weitere Tiere anstecken können.

"Wir haben die Ameisen zunächst einen Tag lang graben lassen und den Kolonien erst dann die kranken Individuen hinzugefügt", beschreibt Leckie. Mit modernen Bildgebungsverfahren hielten die Forscher in den nächsten Tagen jede noch so kleine Veränderung im Nest fest.

Das Ergebnis: Die Ameisen, die mit dem Pilz in Kontakt kamen, haben nicht nur ihr Verhalten geändert, sondern auch das Nest umgebaut. "Wir haben beobachtet, dass die Eingänge weiter auseinander lagen und die Tunnel länger wurden", so Leckie. Simulationen haben gezeigt, dass durch diese Umbauten der Kontakt zwischen gesunden und kranken Ameisen deutlich weniger wurde.

Ob die kranken Ameisen den Umbau angestoßen haben, um das Nest zu schützen, oder ob die gesunden Ameisen einfach den Kontakt vermeiden wollten, ist noch nicht ganz klar. Leckie glaubt aber, dass eher die gesunden Tiere für die Veränderungen verantwortlich sind.

Die Studie zeigt, wie ausgeklügelt die Abwehrmechanismen bei Insekten sind, die in großen Gruppen leben. Leckie hält es für sehr wahrscheinlich, dass auch andere Ameisenarten bei Krankheitsausbrüchen ihren Bau umbauen. "Es könnte auch sein, dass noch weitere soziale Insektenarten von solchen Anpassungen profitieren. Zum Beispiel Bienen oder Termiten – das muss aber erst untersucht werden."

Solche Forschungen helfen nicht nur, die Biologie der Ameisen besser zu verstehen. Sie könnten auch neue Wege aufzeigen, wie wir Menschen mit Krankheiten umgehen. "Die Natur hat oft subtile, aber effektive Lösungen für komplexe Probleme entwickelt, von denen wir uns eventuell noch etwas abschauen können", betont Leckie. Auch wenn wir schon Abstand halten und unsere Räume anpassen, könnten weitere Studien über Ameisen und andere soziale Insekten neue Ideen bringen.

{title && {title} } red, {title && {title} } 17.10.2025, 09:14
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