Sie arbeiten Vollzeit, doch bis zum Monatsende reicht das Geld am Konto nicht: Rund 120.000 Beschäftigte in Österreich zählen zu den sogenannten "Working Poor". Trotz 40-Stunden-Woche reicht ihr Einkommen nicht aus, um Fixkosten und Lebenshaltung zu decken.
Das zeigt eine Auswertung des aktuellen Arbeitsklimaindex der Arbeiterkammer Oberösterreich. Seit 1997 wird der Index gemeinsam mit den Forschungsinstituten IFES und FORESIGHT erstellt. Jährlich werden dafür rund 4.000 Personen repräsentativ befragt.
Laut der Umfrage geben 54 Prozent der Arbeitnehmer an, mit ihrem Einkommen "gut auszukommen". Für 40 Prozent reicht es "gerade so" – und für sechs Prozent schlicht nicht. "Wenn Erwerbsarbeit keinen sicheren Lebensunterhalt bietet, wird das tägliche Leben zur Herausforderung", warnt AK-OÖ-Präsident Andreas Stangl.
Arm trotz Vollzeitjob: Überdurchschnittlich betroffen sind Personen mit maximal Pflichtschulabschluss, Menschen mit Migrationshintergrund und junge Beschäftigte zwischen 16 und 25 Jahren. Sie müssen oft mehrere Tätigkeiten gleichzeitig ausüben.
Besonders unzufrieden sind Hilfsarbeiter und Beschäftigte im Tourismus – Branchen, in denen niedrige Löhne und unregelmäßige Arbeitszeiten die Regel sind. Auch Frauen sind überdurchschnittlich oft von finanziellen Engpässen betroffen.
Finanzielle Sorgen machen sich auch mit Blick auf die Pension bemerkbar. Nur 31 Prozent der Beschäftigten in Österreich glauben, später einmal mit ihrer Altersversorgung gut auskommen zu können.
Um die Zahl der Working Poor zu verringern, fordert Stangl von der Politik konkrete Schritte: stärkere Inflationsbekämpfung bei Energie, Mieten und Lebensmitteln, einen Rechtsanspruch auf Qualifizierung sowie die Möglichkeit, Lehrabschlüsse kostenlos nachzuholen. Zusätzlich soll eine kostenfreie Kompetenzfeststellung für Beschäftigte eingeführt werden. Das große Ziel: Arbeit müsse wieder Sicherheit bieten.
Die Ergebnisse des Arbeitsklimaindex fügen sich in ein düsteres Gesamtbild. Denn nicht nur Erwerbstätige kämpfen: Laut Statistik Austria gelten 3,7 Prozent der Bevölkerung – rund 336.000 Menschen – als erheblich materiell und sozial benachteiligt.
Als "benachteiligt" gilt, wer sich mindestens sieben von 13 grundlegenden Dingen nicht leisten kann – etwa eine unerwartete Ausgabe von 1.390 Euro, eine einwöchige Urlaubsreise oder eine warme Wohnung.