Nach mehreren teils tragischen Fällen in den OÖ-Spitälern meldet sich nun ein erfahrener Chirurg via "Heute" zu Wort. Peter Adelsgruber, Fachgruppenvertreter für Allgemein- und Viszeralchirurgie der Ärztekammer OÖ, erklärt, wo die Probleme tatsächlich liegen – und warum Einzelfälle nicht das ganze System abbilden.
"Wo gearbeitet wird, können Komplikationen passieren", sagt Adelsgruber ganz offen. Entscheidend sei eine offene Kommunikation: Patienten müssten wissen, was passieren kann und welche Risiken bestehen. Die Chirurgie sei heute viel selbstkritischer als früher – Komplikationen oder mögliche Fehler würden regelmäßig in eigenen Konferenzen analysiert, "am besten ohne Emotion".
Angesprochen auf die jüngsten Vorfälle in Rohrbach, Steyr und anderen Spitälern sagt er: "Ja, solche Fälle gibt es und man muss jeden Einzelnen für sich prüfen." Aber: "Ich warne davor, von Einzelfällen auf ein ganzes System zu schließen."
Emotionalisierung helfe niemandem – im Gegenteil, sie führe oft zu Abwehrhaltungen im ohnehin angespannten Gesundheitsapparat. Scharfe Worte findet der Chirurg, wenn Kollegen in Randgebieten um Unterstützung kämpfen müssen. Wenn zentralisiert werde, "muss gewährleistet sein, dass der Patient die Expertise auch wirklich bekommt".
Ein Kernproblem sieht der Chirurg in den Arbeitsbedingungen. Ein Vollzeit-Spitalsarzt sei oft unter Bedingungen im Einsatz, "die die eigene Gesundheit hinterfragen" – und das weit über 40 Stunden pro Woche. "Wir sind die, die 24 Stunden, 365 Tage im Jahr da sind. Dafür haben wir uns, glaube ich, Wertschätzung verdient. Das erwarten wir auch von der Politik." Heißt konkret: attraktive Gehaltsmodelle, "damit auch die Jungen im Spital bleiben".
„Am Ende des Tages wollen wir nicht die Deppen vom Dienst sein.“Peter AdelsgruberFachgruppenvertreter für Allgemein- und Viszeralchirurgie der Ärztekammer OÖ
Die angehenden Ärzte seien "sehr motiviert und fleißig". Viele würden wegen der Rahmenbedingungen aber in Teilzeit gehen oder gar in ein anderes Land wechseln: "Am Ende des Tages wollen wir nicht die Deppen vom Dienst sein." Für 24 Stunden Verfügbarkeit brauche es auch ein international vergleichbares Gehalt.
Großen Wert legt Adelsgruber auf offene Fehlerkultur: "Wenn etwas passiert, muss man das mit größtmöglicher Transparenz abhandeln." Alles und jeder müsse kritisierbar sein. "Wenn ich einen Fehler mache, bin ich der, der am Patientenbett steht und erklärt, was passiert ist."
Der Chirurg ist optimistisch, dass der Trend auch in diese Richtung geht. Gleichzeitig müsse man aber unterscheiden – manche Beschwerden seien berechtigt, doch die Menschen würden auch "immer klagefreudiger" werden. Sein Wunsch ans Christkind: "Ultimative Transparenz." Und er merkt an: "Als Chirurg freut man sich am meisten, wenn unsere Patientinnen und Patienten wieder gut nach Hause gehen – ein ehrliches Danke motiviert immens."