Der Movie-Blockbuster "Free Willy" aus den frühen 90ern zeigte erstmalig das traurige Schicksal eines gefangenen Orcas in einem Meerespark. Einfach von seiner Familie im freien Ozean gekidnappt, soll "Willy" in einem kleinen Betonbecken über Hindernisse springen, oder den Trainer balancieren. Jeden Abend weint der Wal mit der geknickten Rückenflosse in seinem Gefängnis um seine Freiheit, bis in schließlich ein Bub mit ebenfalls wenig amüsanter Vergangenheit zurück ins Meer bringt.
Ja, Hollywood eben! Ein rührender Film, der alle Kinobesucher zum Weinen brachte, wohl wissend, dass Orca-Schauspieler "Keiko" auch weiterhin unter schlimmsten Bedingungen in Gefangenschaft gehalten wurde. Das Schicksal des echten Wals war aber um einiges interessanter:
Filme können nämlich durchaus kurzzeitige Wunder bewirken, denn der echte "Willy" wurde aufgrund unzähliger Petitionen von Tierfreunden und Fans, jahrelangem Vorbereitungs-Training und insgesamt etwa acht Millionen Dollar später freigelassen. "Keiko" war somit der erste und bisher einzige Orca, der jemals wieder in die Wildnis geschickt wurde. Leider verstarb er mit nur 27 Jahren an einer Lungenentzündung und durfte nur etwa anderthalb Jahre "free" sein.
Das Beispiel "Keiko" zeigt aber ganz deutlich, wie schwierig eine Wieder-Auswilderung eines Wildtieres sein kann. Vor allem bei Tieren, die bereits in Gefangenschaft geboren wurden und nie gelernt haben, selbst für sich zu sorgen. Man zwingt also soziale und kluge Lebewesen nicht nur in die Gefangenschaft, sondern auch in die erlernte Hilflosigkeit und Leibeigenschaft. Eben mal wieder in den Atlantik oder Pazifik setzen, kann also gar nicht funktionieren …
Über 3.700 Wale und Delfine werden weltweit in trostlosen Betonbecken gehalten, um zahlenden Besuchern unnatürliche Kunststücke vorzuführen. Dafür werden sie riskanten Transporten ausgesetzt, mit fremden Artgenossen in zu kleinen Becken vergesellschaftet und in Zuchtprogramme eingebunden. Nur damit wir Menschen sie aus nächster Nähe beobachten und uns unterhalten lassen können.
Das Bewusstsein für das Leid von Walen und Delfinen in Gefangenschaft wächst in der Öffentlichkeit und in manchen Regierungen immer weiter an, was unter anderem dazu führt, dass mehr und mehr Delfinarien schließen (müssen) − eine sehr positive Entwicklung. Doch eine wichtige Frage bleibt: Wohin sollen die betroffenen Wale und Delfine?
Die Gefangenschaftshaltung von Walen und Delfinen endet deshalb nicht mit der Schließung von Delfinarien, sondern muss im Sinne der betroffenen Individuen bis zum letzten Schritt durchdacht werden. Aus rechtlicher Sicht "gehören" die Wale und Delfine den Einrichtungen – sie sind in der Verantwortung, die Individuen zu betreuen und zu pflegen, und im Falle einer Schließung eine Lösung für ihren weiteren Verbleib zu finden.
Laut WDC-Meeresbiologin Tamara Narganes Homfeldt, wäre die "halbe Freiheit" wohl am sinnvollsten für alle gefangenen Tiere, die niemals gelernt haben, im Meer überleben zu müssen. In ihrem Blog schreibt sie:
"Ein authentisches Meeresrefugium wäre der erste Schritt, um Wale und Delfine aus dem Show-Business und Zuchtprogrammen zu holen. Dort können sie sich in naturnaher Umgebung bewegen und haben so die Möglichkeit, ihrem natürlichen Verhalten nachzukommen und werden nicht mehr zu Unterhaltungszwecken ausgebeutet. Der Bau eines solchen Meeresrefugiums, sowie die Umsiedlung von Walen und Delfinen, bedeutet jedoch intensive Planung, viel Geld, langwieriges Training und Geduld – denn ob und wie schnell sich die betroffenen Individuen an die Bedingungen der Umwelt und die Unabhängigkeit von Pflegern gewöhnen, bestimmen nicht wir Menschen, sondern die Wale und Delfine".
In Meeresrefugien können diese Individuen zumindest abseits von kahlen Betonbecken und den Shows der Unterhaltungsindustrie den Rest ihres Lebens in einer naturnahen Umgebung verbringen. Eine lebenslange Unterbringung in einem Meeresrefugium wäre beispielsweise im Fall der beiden Orcas Wikie und Keijo aus dem Marineland Antibes in Frankreich ("Heute-Tierisch" berichtete) die beste Lösung und auch wenn solch ein Vorhaben sehr, sehr viel Geld verschlingt, sind wir es den Tieren nicht schuldig?