Als neues Game feiert "Drag X Drive" seinen digitalen Launch im eShop der Nintendo Switch 2 und markiert sich als einer der ersten Titel mit sehr umfassender Nutzung der neuen Joy-Con-Maussteuerung. Mit einem Preis von rund 20 Euro präsentiert sich das Spiel als leicht zugängliche Neuheit, jedoch ohne nennenswerten lokalen Multiplayer. Von Beginn an setzt Nintendo auf eine inklusive Basis: Spielerinnen und Spieler steuern roboterhafte Fahrgestelle in 3-gegen-3-Matches, angelehnt an Rollstuhlbasketball, ohne aber das Wort "Rollstuhl" zu verwenden — stattdessen wird auf neutrale Begriffe wie "Fahrzeug" zurückgegriffen.
Die Steuerung ist das zentrale Feature und geht in die Arme: Jeder Joy-Con der Switch 2 simuliert ein Rad des Rollstuhls, das durch Wisch- und Ziehbewegungen über eine Oberfläche angetrieben wird. Beide Controller vorwärtsgeführt heißt vorwärtsfahren, einseitig bewegt abbiegen. Die Haptik verstärkt das Gefühl, über rauen Untergrund zu gleiten. Wer den Ball wirft, hebt einen Joy-Con und vollführt einen simulierten Wurf – ebenso intuitiv wie kunstvoll. Das Ganze ist zunächst ungewohnt, aber die Präzision überrascht. Die Joy-Con erfassen kleinste Bewegungen, was schnelle Richtungswechsel und gezielte Manöver in Matches ermöglicht.
"Drag X Drive" bietet eine Vielfalt an Modi: Neben schnellen 3-gegen-3-Matches gibt es öffentliche Parks mit Minispielen und Ranglisten, private Partien mit GameChat-Funktion, Einzelspiele gegen Bots mit freischaltbaren Helmen sowie Rennen, Zeitrennen, Rebound-Herausforderungen oder Wurfwettbewerbe. Diese Vielfalt schafft Abwechslung – bleibt jedoch oberflächlich, es fehlt an dem typischen Nintendo-Charme mit Witz, Humor und einer bunten Ausgestaltung. Zudem lässt sich nur ein geringer Fortschrittsanreiz erkennen, langfristige Motivation bieten die Highscorelisten und kleinen, optischen Belohnungen nur sehr bedingt.
Einige Mechaniken wie Halfpipe-Tricks oder geschickte Dunk-Manöver fügen zwar ein Arcade-Element hinzu, wirken aber eher wie Garnierungen als dass sie tragfähige Spieltiefe hinzufügen. Visuell zeigt sich "Drag X Drive" in neonbeleuchteten Arenen, die einen futuristischen Eindruck hinterlassen. Der Minimalismus setzt sich bei Charakterdesign und Musik fort: Figuren wirken karg, es gibt eine für Nintendo-Videospiele überraschend sterile Atmosphäre und kaum Sound-Signaturen. Das innovative Steuerkonzept ist zweifellos das Highlight, mutig und einzigartig. Technisch funktioniert das super, als Spiel will das Game aber irgendwie dennoch nicht zünden.
So innovativ die Steuerung von "Drag X Drive" ist – sie hat auch einen Preis: eure Oberarme. Wer glaubt, einfach gemütlich auf dem Sofa ein paar Partien zu spielen, wird spätestens nach dem zweiten Match merken, dass hier echtes Oberkörpertraining betrieben wird. Gerade in intensiven Matches, wenn man permanent nach vorne schiebt, zurückzieht, Drehungen einleitet und gleichzeitig den Wurf vorbereitet, werden die Arme sehr schnell schwer. Wer so gar nicht fit ist, kann da schon einen ordentlichen Muskelkater aufreißen. Und wird ziemlich lange am Stück gespielt, geht das auch bei geübten Gamern und Profi-Spielern ordentlich in die Muskeln.
Es gibt zwar den Tipp, die Joy-Con der Nintendo Switch 2 statt auf einem Tisch auf den eigenen Oberschenkeln zu bewegen, um den Kraftaufwand zu reduzieren, doch wirklich entspannt wird es dadurch nicht. "Drag X Drive" ist ein kompetitives Spiel, das dich zwingt, dich zu bewegen – egal ob du willst oder nicht. Ebenfalls positiv: Die Animationen des Titels sind solide, die Bewegungen der Spielfiguren wirken flüssig, und die Kollisionsabfrage funktioniert zuverlässig, da machen sogar Rempler Spaß. Aber es fehlt das gewisse Etwas, das man bei Nintendo oft spürt: verspielte Details, charmante Kulissen oder visuelle Gags sucht man hier vergebens.
Wer auf langfristige Motivation aus ist, könnte nach einigen Stunden das Gefühl haben, alles gesehen zu haben. Ein Karrieremodus mit Story, Charakterentwicklung oder mehr Abwechslung bei den Arenen hätte dem Spiel gutgetan. Es gibt viel Spaß für kurze Sprints, wenig für einen Marathon. Der Online-Bereich ist dafür technisch solide. Matches werden schnell gefunden, Lags sind selten, und die Steuerung reagiert auch im Multiplayer verlässlich. Allerdings bietet der Online-Modus abseits des Wettkampfs kaum Extras. Es gibt keine komplexen Turniersysteme, keine Ligen, keine speziellen Online-Events mit einzigartigen Regeln.
Mit einem Preis von rund 20 Euro ist "Drag X Drive" aber auch kein Vollpreisspiel. Man kriegt eine ungewöhnliche, innovative Spielerfahrung, die vor allem am Anfang begeistert. Langfristig fehlt aber die inhaltliche Tiefe, um auf Dauer zu fesseln.Ein bemerkenswerter Aspekt von "Drag X Drive" ist die thematische Nähe zu Rollstuhlbasketball. Die Spielfiguren sind allesamt in futuristischen Sportrollstühlen unterwegs, was für eine gewisse Form der Inklusion sorgt. Die Darstellung ist weder explizit pädagogisch noch politisch – eher eine stilisierte, futuristische Interpretation. In die Tiefe geht das Spiel bei der Thematik dann auch bewusst nicht.
"Drag X Drive" ist ein Spiel, das man schwer mit anderen Games vergleichen kann, am ehesten drängt sich da noch die Erinnerung an das Kampfspiel "Arms" auf der Nintendo Switch aus dem Jahr 2017 auf. Die Mischung aus ungewöhnlicher Steuerung, inklusivem Sportsetting und flotten Matches macht es zu einer frischen Erfahrung auf der Nintendo Switch 2. Gleichzeitig ist es ein Titel, der schnell anstrengend werden kann – physisch wie spielerisch. Wer die Joy-Con-Controller stundenlang vor sich herschiebt, wird Muskelkater kennenlernen. Und wer nach einer Woche schon alle Arenen gesehen hat, wird sich nach mehr Abwechslung sehnen.
Unterm Strich ist es ein mutiger Nintendo-Exklusivtitel, der zeigt, dass Innovation nicht immer makellos, aber immer spannend sein kann. Für experimentierfreudige Spieler ein Pflicht-Download – für alle anderen ein "Kann man mal probieren"-Titel. Und ja, die sterile Optik ist sicher Geschmackssache – während manche Spieler die klare Lesbarkeit lieben, wirkt sie auf andere so charmant wie eine frisch gewischte Turnhalle. Was uns aber lange Kein Spiel mehr bescherte: Du sitzt vor deiner Nintendo Switch 2, bewaffnet mit zwei Joy-Con-Controllern – und nach zehn Minuten schwitzt du wie nach einem Sprint um den Block. Das hat auch etwas.