Er soll das Vermögen einer damals 82-jährigen Frau systematisch geplündert haben. Der Fall eines 46-jährigen Ex-Bankangestellter hatte bereits im Vorjahr für Schlagzeilen gesorgt – "Heute" hat berichtet. Nun wurde die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten abgewiesen. Damit ist seine Verurteilung wegen schweren Betrugs, Urkundenunterdrückung und Geldwäscherei rechtskräftig.
Alles beginnt mit einem Anruf bei Raiffeisenbank Zwettl. Leopoldine W. möchte von der Hausbank ihrer betagten und an Demenz erkrankten Schwester Auskunft über den Finanzstatus von Giesela S., die dort seit über 40 Jahren Kundin ist.
W. vereinbart daher einen Termin und lässt sich die fünf Sparbücher ihrer Schwester zeigen. Sie rechnet die Beträge zusammen und zu Hause angekommen, vergleicht sie ihre Ergebnisse mit den Unterlagen, die Giesela S. über Jahre hinweg minutiös abgelegt hat. W. möchte als Erwachsenenvertreterin ihrer Schwester deren Pflege organisieren, doch jetzt tauchen plötzlich Ungereimtheiten auf.
Die Berechnungen der Niederösterreicherin decken sich nicht mit den Beträgen, die ihr der Bankberater gezeigt hat. Zwischen 2018 und 2019 fehlen bereits über 100.000 Euro. Dann entdeckt Leopoldine W., dass von 2019 bis zu ihrem Besuch bei der Hausbank über 400.000 Euro verschwunden sind. Leopoldine W. verlangt vom Geldinstitut in Zwettl eine vollständige Aufklärung und wird zwei Wochen später zu einem weiteren Termin eingeladen.
Dieses Mal gibt man W. eine Mappe mit Unterlagen – darin Grafiken, die alles erklären sollen: Sie zeigen mehrere aufgelöste Sparbücher, die fünf bestehenden Sparbücher, und weitere Sparbücher, die auf sie selbst laufen. Das Problem daran: Sie ist erst seit Dezember 2020 berechtigt, sich um die Belange ihrer Schwester zu kümmern. Und es tauchen ihre Unterschriften auf handgeschriebenen Belegen auf, die Leopoldine W. selbst nie unterschrieben hat.
Schließlich trägt W., die früher als Controllerin Unternehmensfinanzen überprüft hat, alle Ungereimtheiten in tagelanger Arbeit zusammen. Sie fasst ihre Ergebnisse in einer seitenlangen Sachverhaltsdarstellung zusammen und übergibt diese der Raiffeisenbank – aber auch den Behörden.
Es zeigt sich, dass die Finanzen ihrer Schwester zu schrumpfen begannen als diese einen neuen Bankberater zugewiesen bekommt. Die Ermittlungen der Polizei führten schließlich zur Anklage des langjährigen Bankmitarbeiters. Der Vorwurf: Er soll Geld und Gold im Wert von 701.016 Euro gestohlen haben.
Der 46-Jährige wies jedoch zunächst jede Schuld von sich. Vor Gericht gab er an, das Geld stamme aus eigenen Ersparnissen, einer sparsamen Lebensführung sowie Goldgeschäften. Die Schuld schob er Leopoldine W. zu.
Unterstützt wurde der Angeklagte damals von einem Kollegen, der aussagte, im Oktober 2020 zwei Sparbücher aufgelöst und das Geld in Höhe von 20.060 Euro persönlich an die Schwester übergeben zu haben. Doch diese Version hielt dem Beweisverfahren nicht stand. W. konterte vor Gericht entschlossen – und mit guten Argumenten.
Denn, für den genannten Tag konnte sie zwei Arztbesuche in Wien und Korneuburg vorlegen. "Ich bestehle doch nicht meine Schwester", sagte sie im Zeugenstand. Ihre Aussagen brachte das Konstrukt des Angeklagten ins Wanken. Der Zweitangeklagte, ein Mitte-zwanzigjähriger Ex-Kollege, wurde schließlich wegen falscher Beweisaussage zu zehn Monaten bedingt verurteilt.
Nach mehreren Verhandlungstagen sah das Landesgericht Krems die Schuld des Ex-Bankers als erwiesen an und sprach im Frühjahr 2024 das Urteil: vier Jahre unbedingte Haft. Sowohl er als auch der jüngere Mitangeklagte legten Rechtsmittel ein. Doch der Oberste Gerichtshof in Wien hat nun entschieden: Die Schuldsprüche bleiben bestehen. Die Berufung in Bezug auf die Strafhöhe wird indessen am Oberlandesgericht Wien behandelt werden.