Am 2. November 2020 erschütterte ein Terroranschlag Wien und ganz Österreich. Neun Minuten reichten für einen IS-Attentäter aus, bei seinem Anschlag insgesamt vier Personen in der Wiener Innenstadt zu ermorden – 23 weitere Personen wurden teils schwer verletzt.
Der Anschlag offenbarte erhebliche Mängel bei Staatsschutz und Terrorabwehr. So wurde etwa die Gefährlichkeit des Attentäters von den Behörden nicht erkannt, obwohl der Mann dem Verfassungsschutz bereits aufgefallen war, da er nach Syrien und Afghanistan reisen wollte.
Der Mann war in Österreich bereits unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verurteilt, aber vorzeitig bedingt entlassen, weil ein Gutachten eine positive Prognose bescheinigte.
Auch warnte die slowakische Polizei kurz vor der Tat im Oktober die heimischen Behörden, dass der Mann mit einem Begleiter versucht habe, in der Slowakei Munition für ein Sturmgewehr zu kaufen. Stunden vor der Tat postete der Attentäter zudem Bilder im Netz, die ihn mit seinen Waffen und einem Treueschwur auf den IS-Anführer zeigten.
Nach dem blutigen Anschlag kamen schrittweise Fehler der österreichischen Behörden im Umgang mit dem Täter zum Vorschein. Strafrechtsexpertin Ingeborg Zerbes, die den Anschlag aufgearbeitet hat, schätzte am späten Sonntagabend in der "ZIB2" bei ORF-Moderator Martin Thür ein, ob diese Probleme im Sicherheitsapparat mittlerweile behoben wurden.
Ja, Österreich sei "insgesamt" heute besser gegen Terror geschützt als es vor fünf Jahren der Fall war, so Zerbes, sowohl durch Veränderungen im Verfassungsschutz als auch durch Neuerungen in der Justiz. "Das, was noch immer ausbaufähig ist, überarbeitungsfähig ist, sind die Datenverarbeitungsanlagen", so die Expertin. Es gebe mit der Bundesdienststelle die "Direktion", aber auch neun Landesdienststellen für den Staatsschutz. Einen automatisierten Austausch der Daten gebe es nicht.
Verbessert hätten sich die "institutionellen Treffen", so Zerbes. Beobachte die Polizei Gefährder nun besser als damals? "Sie trägt die Informationen sicher besser zusammen", so Zerbes. Die Beobachtung sei auch damals "intensiv" gewesen, auch die Gefährlichkeit sei bekannt gewesen. Damals habe es aber an einer Analyse an einer gemeinsamen Stelle gefehlt, das habe sich gebessert, sei aber immer noch nicht optimal.
Auch in Hinblick auf den verhinderten Anschlag auf das Taylor-Swift-Konzert in Wien erklärte Zerbes, dass ausländische Sicherheitsbehörden mit Messenger-Überwachung arbeiten würden und Österreich gewarnt hätten: "Sich immer darauf zu verlassen, dass rechtzeitig Daten geliefert werden, macht den österreichischen Verfassungsschutz sicher abhängig von dieser Information aus dem Ausland."
Und: Es müsse daran gearbeitet werden, dass eingearbeitete Führungspersonen in den Behörden nicht ständig ausgetauscht würden.