Der Prozess rund um den erschütternden Brandanschlag auf den jüdischen Teil des Wiener Zentralfriedhofs ist nun offiziell angesetzt: Ab 9. Dezember muss sich ein 27-Jähriger am Landesgericht verantworten.
Der bisher unbescholtene Mann soll in der Nacht auf den 1. November 2023 den Vorraum der Zeremonienhalle beim Tor IV mit einem Brandbeschleuniger in Flammen gesetzt haben. Auch Hakenkreuze und rechtsextreme Parolen sollen an Mauern geschmiert worden sein. Der Angeklagte bestreitet jedoch alles.
Wie "Heute" bereits bei ähnlichen Fällen (Hakenkreuz-Schmierereien in Wien, Attacken auf jüdische Einrichtungen während des Gaza-Kriegs, Friedhofs-Schändungen in Steyr und Graz) berichtete, häufen sich die antisemitischen Vorfälle seit Monaten.
Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) spricht von einem Schaden im hohen sechsstelligen Bereich. Die Vorhalle wurde völlig zerstört, die Innenauskleidung beschädigt. Besonders tragisch: Ein Thoraschrein und mehrere teils sehr alte Bücher verbrannten – unwiederbringlich verloren.
Die Verhandlung ist zunächst für zwei Tage angesetzt, das Urteil soll am 17. Dezember fallen. Laut Gericht belasten den Mann ein DNA-Gutachten, Spurenträger am Tatort sowie Rufdaten, die ihn zur Tatzeit im Bereich des Friedhofs verorten.
Angeklagt wird nach § 3f Verbotsgesetz – Brandstiftung und schwere Sachbeschädigung als nationalsozialistische Betätigung. Dem 27-Jährigen drohen 10 bis 20 Jahre Haft. Er ist trotzdem auf freiem Fuß.
Die Ermittler rekonstruierten die Spur akribisch: Sie sicherten zuordenbare Chargennummern einer Spraydose und eines Schutzoveralls, sicherten DNA-Spuren an Stofffasern und untersuchten die Log-in-Daten des Handys des Verdächtigen nahe dem jüdischen Friedhof.
Eine zurückgelassene Flasche am Tatort weist außerdem auf einen zweiten, bislang unbekannten Täter hin. Dessen DNA konnte ebenfalls gesichert werden.
Der jüdische Friedhof am Tor IV zählt mit 241.000 Quadratmetern zu den größten und bedeutendsten jüdischen Ruhestätten Mitteleuropas – ein Ort, der in den vergangenen Jahren immer wieder Ziel von Vandalismus wurde. Auch darüber berichtete "Heute" mehrfach.