Die Zahlen schockieren, die Taten noch mehr. Im ersten Halbjahr (Jänner bis Juni) meldeten sich 726 Opfer von Antisemitismus bei der Meldestelle der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) in Wien. Zwei Beispiele verdeutlichen die Taten.
In der Wiener Josefstadt sitzt ein Mann in einem Lokal. Nach einer Weile beginnt er ein Gespräch mit zwei weiteren Lokalbesuchern. Man kommt sich näher, tauscht Visitenkarten aus, auf seiner stehen die Kontaktdaten auch auf Hebräisch. Schlagartig kippt die bisher friedliche Situation: "Beide Männer werden zuerst ausfallend und behaupten, Israel hätte kein Existenzrecht", das erfährt "Heute" aus der IKG. Dann eskaliert die Lage weiter, sie sagen, "sie hoffen, er würde sterben."
Der Betroffene ist noch gefasst, er versucht ruhig zu erklären, warum dieses Verhalten antisemitisch sei, schaukelt es sich weiter hoch: "Die beiden drohen mit körperlicher Gewalt." Als die Aggressoren den Mann "zusammenschlagen“ wollen, flieht er aus dem Lokal.
Dieses Verhalten kommt auch offen gegenüber den Kleinsten unserer Gesellschaft zutage. Ort der verbalen Attacke ist ein Park, wieder in Wien. Eine jüdische Mutter kommt mit ihrem erst dreijährigen Kind auf den Spielplatz. Die Wippe ist besetzt, ein einzelnes Kind sitzt darauf. Die jüdische Mutter fragt, ob ihre Tochter mitwippen darf, verneint die Mutter und beginnt zu schreien: "Juden nehmen alles weg", sie "hasst" Juden. Weiter: "Kindermörder, hau ab, woher du kommst."
Fälle wie diese sind in Österreich keine Seltenheit. Viermal pro Tag geschah eine solche Attacke auf Juden heuer. Innerhalb von zwei Jahren hat sich die Zahl mehr als verdoppelt (damals 311 Vorfälle). Aber: Die Dunkelziffer, also die Fälle, die nie gemeldet wurden, ist wohl noch viel größer.